Bilder: SpaceX
Um 02:01 Uhr unserer Zeit am Donnerstag, dem 16. September, soll es so weit sein. Auf dem historischen Startkomplex 39 im NASA-Kennedy Space Center auf Cape Canaveral in Florida, wo schon die Apollo-Mondmissionen und Space Shuttles starteten, soll die erste rein private Weltraum-Mission in der Geschichte der Raumfahrt abheben. Mit einer wiederverwendeten Dragon-Kapsel von Elon Musks Unternehmen SpaceX werden, wenn alles nach Plan läuft, zwei Frauen und zwei Männer zu ihrer dreitägigen Orbitalreise aufbrechen.
Erster Mensch mit Prothese im All
Im Februar war die Mission „Inspiration4“ bekannt geworden. Der US-Unternehmer und Milliardär Jared Isaacman hatte vier Sitze in der Dragon-Kapsel bei SpaceX gebucht. Man schätzt, dass er an die 200 Millionen Dollar dafür bezahlt hat. In den folgenden Wochen wurden dann die drei Mitreisenden bekannt, als erste die 29-jährige Hayley Arceneaux. Die Arzt-Assistentin am St. Jude Kinderkrankenhaus in Memphis, Tennessee, hat als Jugendliche ihren Knochenkrebs besiegt und trägt seitdem eine Knie- und Oberschenkelprothese. Arceneaux wird der erste Mensch im All mit einer Prothese sein.
Isaacman verknüpfte seine Weltraum-Mission mit einer Spendenkampagne für die Kinderklinik. Selbst spendete er 100 Millionen Dollar, mit dem Ziel weitere 100 Millionen zu sammeln. Von diesem Ziel wurden bisher 30 Millionen erreicht, wie man auf der Webseite des Projekts sehen kann. Aus der Teilnahme an der Kampagne ging der zweite Mitreisende hervor: der 42-jährige Christopher Sembroski, Ingenieur bei Lockheed Martin. Den vierten Platz außer ihm selbst in der Raumkapsel reservierte Isaacman für einen Unternehmer oder eine Unternehmerin, die seinen neuen Zahlungsservice „Shift4Shop eCommerce“ innovativ nutzt. Sian Proctor (51) aus Arizona schuf die Seite „My Space2inspire“ und wurde ausgewählt. Proctor, die Geologie und Wissenschaftspädagogik studiert hatte, hatte sich 2009 vergeblich als Astronauten-Anwärterin bei der NASA beworben.
Die vier Astronauten haben inzwischen mehrere Monate bis zu 60 Stunden pro Woche trainiert – deutlich weniger als Weltraum-Profis, aber ausreichend, weil der Dragon-Flug automatisch gesteuert wird und die Crew nur in bestimmten Fällen eingreifen muss. Bisherige Weltraum-Touristen, beginnend mit Dennis Tito auf der Internationalen Raumstation ISS im Jahr 2001, waren immer zusammen mit professionellen Astronauten geflogen. Da Jared Isaacman selbst passionierter Pilot ist und das Unternehmen Firma Draken Aero betreibt, bei dem Piloten für die US-Luftwaffe ausgebildet werden, konnte sich die Inspiration4-Crew in Kampfflugzeugen an die G-Kräfte gewöhnen, die bei einem Raketenstart auftreten. In einer Mig-29, in AlphaJets und in einer LC-39 fanden die Flüge am 9. und 10. August statt. Und schon im Mai hatten die vier baldigen SpaceX-Fluggäste als Teambuilding-Projekt zusammen den fast 4400 Meter hohen Mount Rainier bestiegen.
SpaceX-Kapsel mit Riesen-Fenster
Drei Tage lang sollen sie nun bald in einer rund 580 Kilometer hohen Umlaufbahn die Erde umkreisen, deutlich höher als die ISS und um ein Vielfaches höher als bei den Weltraum-Hüpfern der Milliardäre Richard Branson und Jeff Bezos im Juli. Weil die Vierer-Crew die gesamte Mission über in der Dragon-Kapsel bleibt, hat SpaceX Neuerungen an der neun Kubikmeter großen Kabine vorgenommen. Wo sich vorne normalerweise der Mechanismus zum Andocken an die ISS befindet, wurde das bisher größte im Weltraum eingebaute Fenster montiert. Fast 1,2 Meter im Durchmesser und knapp einen halben Meter hoch wird die „Cupola“ einen 360 Grad-Blick auf die Erde ermöglichen (das Bild oben zeigt eine Computer-Darstellung der Kapsel) Sogar die superkompakte Toilette ist so installiert, dass die All-Reisenden beim Austreten durch die Kuppel schauen können. Ansonsten sind Experimente und künstlerische Objekte an Bord, die später für weitere Spenden versteigert werden sollen.
Vom „Beginn einer neuen Ära für die Raumfahrt und Weltraum-Erforschung“, sprach Isaacman jüngst in Zusammenhang mit der bevorstehende Mission. Und in der Tat: Der Flug könnte beweisen, dass die Raumfahrt zukünftig wesentlich mehr privaten Menschen offen stehen kann. Eine echte Orbital-Mission wie Inspiration4 wird aber bis auf weiteres sehr teuer bleiben, trotz der durch die Wiederverwendung bei SpaceX schon erzielten Kostensenkungen.