Bild: Tesla (Symbolbild)
Seit mittlerweile sechs Quartalen in Folge konnte Tesla nach offiziellen Bilanzierungsregeln Gewinne für das jeweils zurückliegende Quartal vermelden – und schon fast genau so lange gibt es Beobachter, die behaupten, das sei eigentlich gar nicht richtig. Stein des Anstoßes ist für sie die Tatsache, dass Tesla im vergangenen Jahr zunehmende Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Guthaben an Konkurrenten mit zu hohen Flotten-Emissionen hatte, zuletzt 401 Millionen Dollar. Aber erstens lassen sich diese nicht einfach vom Gewinn nach Steuern abziehen. Und zweitens könnten sie im laufenden Jahr nach Ansicht eines Analysten sogar noch höher ausfallen.
Tesla-Kritiker lassen Steuer außer Acht
Die Rechnung zum Beispiel für das letzte Quartal 2020 scheint ganz einfach zu sein: 270 Millionen Dollar an Net Income nach GAAP-Regeln, also Überschuss ohne Bereinigungen, meldete Tesla für diesen Zeitraum. Gleichzeitig gab es CO2-Einnahmen in Höhe von 401 Millionen Dollar, und wenn man diese abzieht, bleibt ein Quartalsminus von 129 Millionen Dollar übrig. Zur Begründung für diese Konstruktion führen die Kritiker an, der Credit-Verkauf könne nicht zum eigentlichen Geschäft von Tesla gezählt werden und werde ohnehin bald wegfallen. Dass er gebraucht werde, zeige, dass das Elektroauto-Geschäft in Wirklichkeit immer noch nicht profitabel sei, schrieb zum Beispiel das Magazin Fortune.
Ob man diesem Argument folgen möchte, spielt allerdings eine untergeordnete Rolle, denn schon die Berechnung ist nicht korrekt. Dass Tesla einen Gewinn für das vierte Quartal 2020 und die fünf Quartale davor auswies, bedeutet aller Wahrscheinlichkeit nach, dass er vor Steuern jeweils höher war. Insofern ist es irreführend, von dem versteuerten GAAP-Wert einfach die kompletten CO2-Einnahmen abzuziehen und zu behaupten, ohne sie bliebe nichts übrig.
Or a services biz generating EVEN more neg. profit, while they sell cars (excl. one-time credit sales) at a loss? pic.twitter.com/w33afdYaTq
— Gordon Johnson (@GordonJohnson19) January 29, 2021
Wie hoch der Tesla-Steuersatz zuletzt ausfiel, ist unbekannt, weshalb sich auch kein korrekterer Wert angeben lässt. Aber Tesla-Skeptiker wie der inzwischen so bekannte wie bei Fans unbeliebte Analyst Gordon Johnson, der sich auf Twitter am Freitag seiner Findigkeit in dieser Hinsicht rühmte, ignorieren diesen Brutto-Netto-Effekt komplett. Abgesehen davon enthielten die Q4-Zahlen auch allein Kosten von 267 Millionen Dollar, die als Gegenwert für das Bonus-Programm für den CEO Elon Musk verbucht wurden. Diese Summe wird Tesla aber nie in bar auszahlen müssen. Stattdessen basiert sie auf der rein rechnerischen Differenz zwischen dem Kurs der Tesla-Aktie und dem niedrigeren Preis, den Musk dank seiner Bonus-Optionen dafür bezahlen muss – wenn er sie irgendwann ausübt.
Analyst sieht steigende CO2-Einnahmen
Hinzu kommt, dass die CO2-Verkäufe als wichtige Einnahmequelle für Tesla so bald wohl nicht versiegen dürften. Das Negativ-Argument lautet hier, dass andere Hersteller die bezahlte Hilfe des Elektroauto-Pioniers nicht mehr lange brauchen werden, weil sie mit ihren eigenen Flotten die Grenzwerte einhalten. Doch auch dabei wird etwas übersehen: Tatsächlich erfüllten viele Autohersteller im vergangenen Jahr schon die neuen CO2-Vorgaben der EU oder kamen ihnen unerwartet nah. Aber für 2020 gab es noch eine Reihe von Erleichterungen dabei (so gingen eigene Elektroauto doppelt mit null Emissionen in die Flotten-Berechnungen ein). Und in den Daten sind Abzüge durch den Credit-Handel schon enthalten – ohne Vereinbarung mit Tesla wären also beispielsweise die Emissionen von Fiat-Chrysler höher gewesen.
Wie sehr sich Tesla auch im neuen Jahr auf Einnahmen aus seinem CO2-Vorteil verlassen kann, ist nach Aussage seines Finanzchefs in der Finanz-Telefonkonferenz für 2020 nicht sicher. Im abgelaufenen Jahr seien sie höher als erwartet gewesen und zum Teil erst durch Vereinbarungen im vierten Quartal zustande gekommen, sagte er. Doch ein Analyst von Credit Suisse, der danach fragte, ging laut Bloomberg in einer Studie kurz vorher davon aus, dass sie 2021 rund 2 Milliarden Dollar betragen und damit sogar über den knapp 1,6 Milliarden Dollar von 2020 liegen werden.