Bild: Met God in Wilderness
Das Autohersteller Modelle der Konkurrenz kaufen, um sie mit den eigenen Produkten zu vergleichen und vielleicht etwas davon zu lernen, ist nichts Ungewöhnliches – Elektroautos von Tesla zum Beispiel waren schon mehrfach bei anderen Unternehmen zu sehen. Tesla selbst allerdings war bislang nicht für diese Praxis bekannt, vielleicht weil CEO Elon Musk lieber eigene Wege geht. Doch mit dem Lucid Air hat ihm ein früherer Mitarbeiter ein Elektroauto vorgesetzt, das in einiger Hinsicht Maßstäbe setzt – und tatsächlich wurde es jetzt bei Testfahrten am Tesla-Werk in Fremont gesehen.
Lucid-Testrunden auf Tesla-Gelände
Der Lucid Air wird seit Ende 2021 in den USA ausgeliefert. Gut ein Jahr zuvor begann das von dem früheren Chefentwickler für das Model S bei Tesla geführte Unternehmen, stückweise technische Daten für das Elektroauto zu veröffentlichen, und die fielen überzeugend aus. Die EPA-Reichweite von mehr als 800 Kilometern war ein neuer Rekord. Als Nächstes verriet Lucid, dass der Air mit bis zu 300 Kilowatt laden kann, ebenfalls mehr als bei Tesla. Und zusätzlich soll die Limousine effizienter sein als ein Model S.
Bei all dem betonte der Lucid-CEO Peter Rawlinson stets, dass er sein Unternehmen nicht als Konkurrenz für Tesla sieht, sondern für etablierte Luxus-Marken wie konkret Mercedes. Dennoch scheint sich auch Musks Unternehmen sehr für den Air zu interessieren. Denn in dieser Woche wurde ein Exemplar davon auf der Strecke an der Fabrik in Fremont gefilmt, auf der Tesla sonst mit den eigenen Elektroautos unterwegs ist. Anschließend begann möglicherweise die Zerlegung des Lucid Air.
Die Fahrtests in Fremont sind in einem Drohnen-Video zu sehen, das in dieser Woche der bislang nicht sehr bekannte YouTube-Kanal Met God in Wilderness veröffentlichte. Es zeigt das gesamte Tesla-Gelände, auf dem laut Text-Einblendungen während des Überflugs auffällig wenig Aktivität herrschte. Doch viele Zuschauer bestätigten die Vermutung des YouTubers, dass er einen Lucid Air auf der Strecke erwischt hat. In einer Szene wird das Elektroauto offenbar entspannt über den runden Teil des Kurses gefahren, eine andere scheint einen Start aus dem Stand mit Vollstrom auf einer Geraden zu zeigen.
Fremdes Elektroauto wird zerlegt
Bei der Beschleunigung hat sich Tesla kurz nach der Air-Vorstellung mit dem Model S Plaid die Elektroauto-Krone zurückgeholt, bei Reichweite und Effizienz aber kann es weiter nicht mithalten. Zum ersten Punkt sagte CEO Musk vor kurzem, mehr als 400 Meilen Reichweite (644 km) seien unnötig, doch gegen die höhere Effizienz bei Lucid dürfte sich kaum etwas auszusetzen finden. Konkurrenz belebt inzwischen also offenbar auch für Tesla das Geschäft. Laut dem Fondsmanager Taylor Ogan wird der Air dort sogar schon seit einigen Monaten getestet. Inzwischen habe auch die Zerlegung begonnen, meldete er am Dienstag auf Twitter.