Seit dem Vulkanausbruch mit anschließendem Tsunami auf Tonga Mitte Januar ist der südpazifische Inselstaat ohne Internet-Verbindungen – voraussichtlich einen Monat lang, wie es vergangene Woche dazu hieß. Das hört sich nach einem Fall für Elon Musk an, der zum Beispiel nach den Überflutungen in Deutschland im Juli 2021 Tesla-Supercharger kostenlos machte und Starlink-Terminals für Internet von SpaceX schickte. Und tatsächlich fragte er nach Meldungen über das zerstörte Unterwasser-Kabel für Tonga auf Twitter nach, ob er helfen könne. Aktualisierung: Vorbereitungen für die Internet-Hilfe haben begonnen (s. ganz unten)
Musk will Starlink-Bestätigung aus Tonga
„Könnten uns Leute aus Tonga mitteilen, ob es wichtig ist, dass SpaceX Starlink-Terminals schickt?“, fragte der CEO von SpaceX und Tesla. Starlink ist ein Netz von mittlerweile fast 2000 SpaceX-Satelliten, das weltweite Internet-Versorgung ermöglicht. Die Hilfe war sogar vorher schon erbeten worden, wie sich ebenfalls auf Twitter zeigte: Der neuseeländische Parlamentsabgeordnete Shane Raymond Reti, dessen Land viel Hilfe für Tonga leistet, veröffentlichte dort einen Brief, den er ein paar Tage zuvor an Musk verschickt hatte. Darin bat er den SpaceX-Chef, „in diesem Moment der Not dringend benötigte Starlink-Kommunikationsverbindungen für Behörden und die guten Menschen in Tonga bereitzustellen.“
Angesichts dieser quasi-offiziellen Bestätigung, dass Tonga wirklich Internet-Unterstützung braucht, dachte Musk offenbar nochmal genauer über die Möglichkeiten von Starlink nach. Wenige Minuten nach seiner ersten Twitter-Meldung dazu schrieb er: „Das ist im Moment schwierig für uns, weil wir nicht genügend Satelliten mit Laser-Verbindungen haben und es bereits Geo-Sats [gemeint sind: geostationäre Satelliten anderer Anbieter] gibt, die die Region Tonga bedienen. Deshalb bitte ich um eine klare Bestätigung.“
This is a hard thing for us to do right now, as we don’t have enough satellites with laser links and there are already geo sats that serve the Tonga region. That is why I’m asking for clear confirmation.
— Elon Musk (@elonmusk) January 21, 2022
Von manchen wurde das als Rückzieher aufgefasst. Andererseits würde es nicht ausreichen, einfach Starlink-Empfänger nach Tonga zu schicken. Auf der Insel hat Starlink keine Bodenstation. Richtet ein Nutzer seine Schüssel auf einen Starlink-Satelliten aus und will darüber Internet-Seiten aufrufen, kann der Satellit, der gerade über Tonga fliegt, diese Anfrage also nicht ins irdische Internet weiterleiten. Das ist erst möglich, wenn er ein anderes Land mit einer Bodenstation überfliegt – doch dann ist Tonga schon außerhalb seiner Reichweite. Aus diesem Grund stattet SpaceX neue Starlink-Satelliten mit Laser-Verbindungen aus, um Signale von Satellit zu Satellit weiterreichen zu können – schließlich soll das Netz bald lückenlos weltweit funktionieren.
Ein Satellit über Tonga könnte dann per Laser den Datenverkehr bis zu einem anderen weiterreichen, der zum Beispiel über Australien Verbindung zu einer Bodenstation und damit dem Internet hat. Noch aber gibt es nicht genügend Starlink-Satelliten mit dieser Laser-Funktion. Und selbst wenn es Möglichkeiten gäbe, das gegenwärtige Netz so zu konfigurieren, dass es eine sinnvolle Internet-Versorgung über Tonga bereitstellen kann, würde dies wohl eine Weile dauern.
SpaceX transportierte Pazifik-Geosat
Die von Musk erwähnten geostationären Satelliten fliegen in einer viel höheren Umlaufbahn (36.000 km) als die für Starlink. Dort oben drehen sie sich mit der Erde mit und stehen damit quasi immer über dem gleichen Land oder Kontinent. Mit ihnen kann man kein dynamisches weltumspannendes Netz aufbauen, dafür aber eine oder mehrere Regionen dauerhaft verlässlich versorgen. Astra-Fernsehsatelliten oder Meteosat-Wettersatelliten machen das zum Beispiel seit Jahrzehnten über Europa.
Über Südostasien und den pazifischen Inselstaaten betreibt das Unternehmen Kacific aus Vanuatu, einer der Nachbarinseln von Tonga, einen geostationären Satelliten (der übrigens 2019 mit einer SpaceX-Rakete ins All gebracht wurde). Für diesen Anbieter wäre es wesentlich leichter als für SpaceX, Internet-Hilfe per Satellit zu leisten – allerdings befinden sich Tonga und Kacific seit Jahren in einem Rechtsstreit. Möglicherweise bietet die Notlage nun einen Anlass, einen Ausweg aus diesem Konflikt zu finden.
Aktualisierung: Ingenieure von SpaceX sind auf die neben Tonga gelegenen Fiji-Inseln gereist, um dort eine temporäre Bodenstation aufzubauen. Das berichtete am vergangenen Freitag die lokale Publikation FBC News unter Berufung auf den Kommunikationsminister. Die Station solle sechs Monate lang betrieben werden, um Tonga mit Starlink-Internet versorgen zu können. Schon am 20. Januar soll SpaceX eine Not-Lizenz dafür beantragt haben.