Bild: Tesla (Symbolfoto)
Wenn irgendwo in Deutschland ein unzufriedener Kunde gegen Tesla klagt, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er von der Kanzlei von Christoph Lindner unterstützt wird: Der Jurist macht unter anderem in dem Forum Tesla Fahrer und Freunde auf sich aufmerksam, indem er geduldig Auskunft zu Rechtsfragen gibt, und hat sich die Web-Adresse teslaanwalt.de gesichert. Wie er jetzt in einem Interview sagte, war bislang in gut 100 seiner Fälle Tesla der Gegner – und er sieht grundlegende Probleme bei dem Unternehmen in Form von Arroganz und einer „Cowboy-Mentalität“, die auf längere Sicht seinen Erfolg gefährde.
„Tesla will Regeln selbst schreiben“
Auf seiner Kanzlei-Webseite zu „Tesla-Problemen“ informiert Lindner unter anderem darüber, dass er den Besitzer vertritt, dessen Model 3 Tesla laut einem Urteil von diesem März zurückkaufen muss, weil die FSD-Option bei ihm nicht richtig funktioniert. Auch an einem Prozess in München, bei dem es um Akku-Drosselung per Software-Update bei einem alten Model S geht, ist er demnach beteiligt. In dem Interview mit der Zeitschrift stern beschreibt der Anwalt einen weiteren aktuellen Fall: An einem Model 3 seien direkt nach der Auslieferung Mängel für 10.000 Euro festgestellt worden, aber Tesla weigere sich, sie zu beheben.
Von ähnlichen Problemen kann man auch immer wieder in sozialen Medien lesen. Dabei ist nicht sicher, wie repräsentativ sie sind, aber nach der Einschätzung des Anwalts haben sie System: In seinen Augen sei Tesla arrogant geworden und lege „eine Art Cowboy-Mentalität“ an den Tag, sagte er in dem Interview. Das Unternehmen wolle die Regeln für den „Wilden Westen der E-Mobilität“ selbst schreiben. Früher habe es sich um Probleme schnell gekümmert und Kunden ein Gefühl der Wertschätzung vermittelt. Das sei heute nicht mehr der Fall.
Zu dem Model 3 mit schweren Mängeln bei der Auslieferung berichtet Lindner, die erste Reklamation des Kunden wenige Tage später sei mit der Aussage abgewiesen worden, der Zustand des Elektroautos entspreche dem „Tesla-Standard“. Das Unternehmen sei also der Ansicht, dass schlechte Verarbeitung normal sei und dass Kunden das akzeptieren müssten. Der Mandant aber beauftragte einen Sachverständigen, der festgestellt habe, dass die Beseitigung der Mängel 10.000 Euro kosten würde. Tesla zweifle dessen Kompetenz an, und so sei jetzt auch dieser Fall vor Gericht.
Hoher Elektroauto-Marktanteil in Gefahr?
Juristisch könne er das nicht nachvollziehen, sagte Lindner dem stern dazu, und auch unternehmerisch sei es unklug. Das Personal im Tesla-Service handele „auf Direktiven von oben“, weshalb das Problem auf der Management-Ebene liege. Das werde nicht mehr lange gutgehen, warnte der Anwalt – „die Liebe der Fanboys und -girls“ drohe zu erlöschen. Wenn Elektroauto-Newcomer Qualitätssicherung und Kundenbeziehungen ernster nehmen, könne das Tesla spürbar Marktanteile kosten, erklärte er. Vielleicht um Angriffen von Fans mit weniger Differenzierungsfähigkeit zuvorzukommen, ließ Lindner außerdem wissen, dass er selbst immer noch begeisterter Tesla-Fahrer sei und ihm am liebsten wäre, er würde in Zukunft gar nicht mehr gebraucht.