Bilder: Blue Origin Live Webcast
William Shatner hat es geschafft. Der 90-jährige Schauspieler, geboren 1931 im kanadischen Montreal, hat als bisher ältester Mensch den Weltraum gesehen. Shatner spielte den legendären Captain Kirk des Raumschiffs Enterprise in der originalen Star-Trek-Serie von 1966 bis 1969 sowie in sieben Filmen von 1979 bis 1994. „Ich habe lange Zeit vom Weltraum gehört“, sagte er vor dem Flug. „Ich nutze die Chance, ihn selbst zu sehen. Was für ein Wunder.“
In 4 Minuten auf 107 Kilometer
Am Mittwoch erfüllte sich Shatners Traum. Die New-Shepard-Rakete des Unternehmens Blue Origin brachte ihn binnen vier Minuten auf eine Höhe von 107 Kilometern. Nach ein paar Minuten Schwerelosigkeit kehrte die Kapsel sicher zur Erde zurück und landete sanft an Fallschirmen. Gut zehn Minuten hatte der Flug gedauert. Ein suborbitales Flugprofil, anders als längere orbitale Flüge in Erdumlaufbahnen, wie bei SpaceX im September mit der Inspiration4-Mission.
Neben dem geladenen Stargast Shatner flogen die Blue-Origin-Managerin Audrey Powers mit, sowie zwei zahlende Passagiere: der frühere Nasa-Ingenieur, Unternehmer und Musiker Chris Boshuizen sowie Glen de Vries, Mitgründer der Medizintechnik-Firma Medidata Solutions. Der Flug war der zweite bemannte des von Blue Origin entwickelten Raketensystems New Shepard, benannt nach Alan Shepard, der 1961 erster suborbital fliegender Amerikaner im All war und später mit Apollo-14 auf dem Mond. Von April 2015 an fanden sechs Jahre lang unbemannte erfolgreiche Testflüge von New Shepard statt. Ziel war stets ein kurzer suborbitaler Flug bis über die Kármán-Linie, die mit 100 Kilometern Höhe die Grenze zum Weltraum definiert und eine anschließende sanfte Landung von Rakete und Kapsel.
Ende Juli 2021 dann flog die Rakete erstmals bemannt. An Bord war Jeff Bezos persönlich, Gründer von Blue Origin und Amazon und zweitreichster Mann der Welt nach Elon Musk, sein Bruder Mark, die 82-jährige Wally Funk und der 18-jährige Niederländer Oliver Daemen, der das Ticket nach einer Auktion erhielt. Am 26. August flog die Rakete wieder unbemannt mit wissenschaftlichen Tests an Bord und nun erneut bemannt. Im nächsten Jahr sollen Flüge von zahlenden Weltraumtouristen regelmäßig stattfinden.
SpaceX-Chef Musk wünscht viel Glück
Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk twitterte eine gute Stunde vor dem Start: „Viel Glück, Captain“. Dabei scheint er persönlich mit Bezos im Clinch zu liegen, und auch auf Ebene der Unternehmen gibt es Ärger. Die NASA hatte im April SpaceX drei Milliarden Dollar zugesagt, um eine Variante des Starship zum bemannten Mondlander umzubauen. Dagegen klagt Blue Origin, das ebenfalls ein Angebot abgegeben hat, und macht sich so in der Raumfahrtbranche ziemlich unbeliebt. Überdies haben kürzlich 21 ehemalige Blue-Origin-Beschäftigte die Firmenkultur scharf kritisiert. Sie berichten unter anderem von Sexismus sowie extremem Arbeits- und Termindruck, der auf Kosten der Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter gehe.
Bei Shatners Start war Bezos jedenfalls dabei. Er begleitete die drei Männer und seine Mitarbeiterin Audrey Powers bis zur Luke der Kapsel, die er persönlich schloss. Der automatisch gesteuerte Flug lief bis auf wenige kurze Holds vor dem Start reibungslos. Nachdem Shatner die Kapsel nach dem Flug verlassen und sich von der Champagner-Dusche erholt hatte, erzählte er Bezos lange Minuten begeistert und zu Tränen gerührt von seinem Flug, der Schönheit der Erde und der Frage nach Leben und Tod.
