Bild: T&T Emobility, Ove Kröger
Seit Ende März produziert die deutsche Fabrik von Tesla in Grünheide bei Berlin Elektroautos in Serie, und großes Augenmerk fällt dabei auf die Verarbeitung der Model Y Performance von dort – dem Klischee nach sind Amerikaner schließlich für ihre Schlampigkeit bekannt, Chinesen eifrig bemüht und Deutsche perfekt. Tatsächlich aber scheint die Serien-Qualität des deutschen Model Y derzeit eher zwischen der als gut bekannten chinesischen und der amerikanischen zu liegen.
Tesla-Experte hat das nächste Model Y
Dafür spricht ein weiteres Exemplar eines Tesla Model Y aus Grünheide, das sich der Sachverständige Ove Kröger näher ansah. Der hatte zuvor schon eines der ersten 30 ausgelieferten in den Händen und zeigte sich mit der Verarbeitung sehr zufrieden. Wenig später meldete sich aber ein anderer Kunde, der mit seinem deutschen Model Y sehr unglücklich war. Seine Twitter-Fotos zeigten eine rechts vorstehende Heck-Klappe und schlecht sitzende Bleche. Ein anderer früher Kunde klagte über viele kleine Kratzer, die beim Waschen in den schwarzen Lack seines deutschen Tesla gerieben worden seien.
In beiden Fällen erfolgte die Auslieferung kurz vor Quartalsende, sodass Hoffnung bestand, dass die Patzer und Kratzer auf die von Tesla bekannte Schluss-Hektik zurückzuführen waren. Auf Anfrage von teslamag.de äußerte sich das Unternehmen jetzt nicht dazu. Aber seitdem wurden keine derart deutlichen Fälle mehr bekannt. Und auch Kröger fand bei seiner zweiten Beschäftigung mit einem deutschen Model Y Performance zwar einige Unschönheiten, aber keine groben Schnitzer.
Insgesamt macht der schwarze Tesla, mit dem ein Kunde zu Besuch gekommen ist, einen guten Eindruck, hält Kröger schon früh zusammenfassend fest. Ein paar Sachen in der Fertigung seien aber „geschludert“, sagt er auch, was Qualitätsbeauftragte in der deutschen Gigafactory nicht gern hören werden. Gut gelungen findet der Sachverständige zum Beispiel den Übergang vom hinteren Stoßfänger zur Karosserie und die Einpassung der großen Kofferraum-Klappe, die bei dem Model Y von Ende März noch unschön aussah. Doch auch bei Krögers zweitem Exemplar sitzt eine der Heckleuchten nicht gut. Und links vorne steht bei seiner Messung der Scheinwerfer so weit vor (s. Foto), dass es aussehe, „als wenn er gleich rausfällt“.
„Mängel müsst ihr halt bemängeln“
Daneben erwähnt Kröger, dass das Lackbild wie bei seinem ersten Model Y in Ordnung sei, und dass er insgesamt auf hohem Niveau meckere. Bei einem Preis von 70.000 Euro könne man seiner Meinung nach aber auch ein Top-Auto erwarten. Die von ihm gezeigten Schwächen würden sich wohl allesamt leicht einstellen lassen. Besser würde ihm aber gefallen, wenn ab Werk alles gut wäre. Der erfahrene Tesla-Begutachter geht davon aus, dass die deutsche Gigafactory dafür noch Luft nach oben hat.
Eine andere Frage ist natürlich, ob Tesla solches Potenzial nutzen wird oder nicht doch lieber erst einmal voll auf eine schnelle Steigerung der Produktionszahlen setzt. Hohes Tempo ist schließlich Teil der offiziellen Mission, und derzeit fällt auch noch die Produktion in der wichtigen Gigafactory in China aus. Mit perfekten Model Y aus Deutschland ist also nicht unbedingt zeitnah zu rechnen. Aber diesen Zielkonflikt muss man sich als Kunde nicht zu eigen machen: „Falls ihr Mängel habt, dann müsst ihr das eben bemängeln, dann wird das sicherlich behoben“, rät Kröger.