Bild: Tesla (Symbolfoto)
Eines muss man der Börse lassen: Sie hat die Zukunft gut vorhergesagt. Das gilt jedenfalls, wenn man den Aktienkurs von Tesla als frühen Indikator für die Preise von Elektroautos des Unternehmens betrachten möchte: Etwa Mitte 2020 startete der Kurs einen zunehmend steilen Anstieg, und im Frühjahr darauf begann Tesla, zunächst in den USA, auch die Preise zu erhöhen. Die Aktie machte noch bis November 2021 so weiter, wechselte dann aber die Richtung. Aktuell ist sie wieder auf dem Niveau von Mitte 2020 – und gut ein Jahr später hat Tesla am Freitag seine Elektroauto-Preise im Westen teils drastisch gesenkt.
Tesla-Schritt „mutig und offensiv“
Der direkte Zusammenhang mit Zeit-Verzögerung ist möglicherweise etwas konstruiert, aber ohne Frage hat Tesla mit seiner Senkung von Freitag das weltweite Preise-Gefüge bei Elektroautos durcheinander gebracht, was Bedeutung sowohl für den Wert des eigenen Unternehmens als auch für die Konkurrenz hat. Die unmittelbare Reaktion der Börse war gemäßigt negativ. In einem sonst freundlichen Markt verlor die Tesla-Aktie knapp 1 Prozent auf 122,40 Dollar. Tatsächlich senkten mehrere Analysten als Reaktion auf den Preis-Schritt ihre Kursziele.
Auf der anderen Seite blieb die Deutsche Bank bei ihrer Einschätzung Kaufen und ihrem Ziel von 250 Dollar pro Tesla-Aktie. Laut einem Bericht von investing.com schrieb sie von einem „mutigen offensiven Schritt“. Er sichere das weitere Volumen-Wachstum, bereite Herstellern konventioneller wie elektrischer Autos große Schwierigkeiten und zeige die erhebliche Preissetzungsmacht sowie die Kosten-Überlegenheit von Tesla.
Auf die Gewinn-Margen haben niedrigere Preise natürlich einen negativen Einfluss. Ohne sonstige Veränderungen rechnet die Deutsche Bank laut investing.com damit, dass sie in diesem Jahr durch die Senkung rund 3 Prozentpunkte niedriger ausfallen könnten als 2022. Zugleich aber erwartet sie ein höheres Verkaufsvolumen, das den Margen-Verlust mildern und zu einem insgesamt höheren Gewinn pro Aktie führen könne.
Analyst sieht Elektroauto-Preiskrieg
Für den Analysten Dan Ives von Wedbush Securities hat Tesla soeben sogar einen „Elektroauto-Preiskrieg“ angezettelt, wie Yahoo Finance berichtete. Die Senkung bezeichnete er als richtige Medizin zur richtigen Zeit, um inmitten von mehr Konkurrenz in die Offensive zu gehen. Mittlerweile verfüge Tesla über globale Produktionskapazitäten und genügend Margen-Flexibilität, um mit derart aggressiven Entscheidungen Anteile im zunehmend umkämpften Elektroauto-Markt zu gewinnen. Die Senkung der Preise sei eindeutig als Warnschuss gegen etablierte Auto-Hersteller in Europa und den USA zu verstehen.
Tatsächlich haben sich Anleger in den Zeiten hoher Preise (und vorher Kurse) an immer höhere Margen gewöhnt. Im dritten Quartal 2022 erreichte sie brutto 27,9 Prozent – was für Tesla ausreichte, um insgesamt mehr Nettogewinn als Toyota mit seinem weitaus höheren Volumen zu machen. Das Unternehmen könnte seine Preise also noch viel weiter senken, ohne in die Verlust-Zone zu geraten. Die Aktien von etablierten Auto-Unternehmen wie Ford und General Motors ebenso wie die der Elektroauto-Startups Lucid und Rivian verzeichneten am Freitag jedenfalls deutlich höhere Kursverluste als Tesla.