Bild: Lucid
Mit seinem Luxus-Elektroauto Air (s. Foto) sammelt das kalifornische Unternehmen Lucid Rekorde und gute Kritiken – es lädt schneller und kommt weiter als jedes andere Batterie-Mobil, und die US-Zeitschrift MotorTrend kürte es zu ihrem Car of the Year. Das Produkt scheint also gelungen, doch mit der Produktion tut sich der vom früheren Chef-Entwickler für das Tesla Model S geleitete Hersteller offenbar schwer: Vergangene Woche senkte es seine Produktionsprognose für 2022 zum zweiten Mal auf jetzt nur noch 6000-7000 Elektroautos. Tesla-Chef Elon Musk wurde davon zu einem Scherz veranlasst, mit dem er ein wenig aber auch sich selbst auf den Arm nahm.
Lucid-Aktie stürzt ab, Tesla-Chef lästert
Schon in diesem Februar hatte Lucid gemeldet, in diesem Jahr wohl nur 12.000-14.000 Einheiten seiner Limousine Air zu produzieren statt wie zuvor erwartet 20.000. Der Grund dafür liege in „außergewöhnlichen Lieferketten- und Logistik-Problemen“, sagte CEO Peter Rawlinson, der im Jahr 2013 von Tesla zu Lucid wechselte. Vergangene Woche folgte der nächste Prognose-Schritt nach unten auf 6000-7000 Elektroautos. In der Mitteilung wird Rawlinson mit fast derselben Formulierung zitiert, sowie mit der Aussage, er sei zuversichtlich, dass sich diese kurzfristigen Herausforderungen meistern lassen.
Deren Folge ist unter anderem, dass Lucid im zweiten Quartal nur 679 Exemplare seines Air auslieferte. Dadurch kam ein Umsatz von 97,3 Millionen Dollar zustande, fast 50 Prozent weniger als von Analysten erwartet. Der Verlust pro Aktie fiel entsprechend mit 1,17 Dollar weitaus höher aus, und am Donnerstag nach der Q2-Meldung stürzte der Lucid-Kurs um fast zehn Prozent ab. „Wie Elon Musk sagt: Produktion ist schwierig“, kommentierte das der Fondsmanager Gary Black auf Twitter. Und der Angesprochene nutzte die Gelegenheit, um einen Scherz auf Kosten von Lucid und wohl auch sich selbst zu machen.
I had more kids in Q2 than they made cars!
— Elon Musk (@elonmusk) August 4, 2022
„Ich habe in Q2 mehr Kinder bekommen, als die Autos produziert haben“, schrieb der Tesla-Chef zu dem Lucid-Kommentar des Fondsmanagers. Mit dem Unternehmen oder jedenfalls dessen CEO Rawlinson scheint ihn eine gewisse Rivalität zu verbinden. Als Lucid eine Basis-Version des Air zu Preisen unter den damaligen für das Model S ankündigte, verstand Musk das öffentlich als Provokation und reagierte mit einer eigenen Preis-Senkung. Später sprach er Rawlinson eine entscheidende Rolle in der frühen Tesla-Zeit ab und sagte, er sei gegangen, bevor es richtig schwierig wurde.
Musk-Seitenhieb auch gegen sich selbst
So dürfte sich Musks Seitenhieb gegen das Unternehmen erklären, obwohl es wie von ihm gewünscht zur Transport-Elektrifizierung beiträgt. Rawlinson selbst hat dazu ganz im Sinn dieser Mission gesagt, er sehe gar nicht Tesla als Konkurrenz, sondern wolle die besten konventionellen Autos wie die Mercedes S-Klasse übertreffen. Ähnlich wie zuvor Tesla hat er außerdem vor, mit zunächst teuren Modellen die finanzielle Grundlage für Volumen-Elektroautos zu schaffen.
Aber die Spitze seines früheren Chefs war wohl ohnehin ebenso sehr gegen Lucid wie gegen Musk selbst gerichtet: Der war zuletzt (aber nicht im zweiten Quartal) tatsächlich mehrfach mit Meldungen über Kinder-Geburten sowie eine Liebschaft mit der Frau eines der Google-Gründer aufgefallen. Die Affäre dementierte er, die angebliche Zwillingsgeburt mit einer Neuralink-Managerin nicht. Nach den Google-Berichten Ende Juli schrieb Musk, er wolle sich bemühen, sich ganz auf Dinge zu konzentrieren, die nützlich für die Zivilisation sind. Sein Lucid-Lästern könnte also auch eine öffentliche Erinnerung an sich selbst gewesen sein.