Das Verhältnis zwischen Tesla-Chef Elon Musk und Peter Rawlinson, der von 2009 bis 2013 für ihn arbeitete, um das Model S in die Serienproduktion zu bringen, scheint nicht das beste zu sein. Rawlinson selbst ist weiter voller Lob für Tesla und seine Elektroautos, Musk dagegen erklärte vor kurzem, so groß wie von ihm behauptet sei der Beitrag des Briten gar nicht gewesen. Aber mit seinem neuen Arbeitgeber Lucid Motors will Rawlinson jetzt zeigen, dass Elektroautos noch besser sein können als bei Tesla, wie er dem Wirtschaftsmagazin Forbes darlegte.
Reichweite Lucid Air vor Tesla Model S
Schon das Tesla Model S sei ein Meilenstein gewesen, sagte Rawlinson dem Magazin, der Lucid Air aber sei „Technologie der nächsten Stufe und Generation“. Die Serienproduktion soll Anfang 2021 beginnen. In den besten Varianten ist das Luxus-Elektroauto Lucid Air zwar deutlich teurer als das Tesla Model S oder Model X. Es bietet mit mehr als 800 Kilometern aber auch eine weitaus höhere Reichweite, lädt schneller und soll die bisherigen Serien-Teslas auch auf der Viertelmeile hinter sich lassen.
Zu Lucid, das damals noch Atieva hieß, sei er 2013 unter zwei Bedingungen gewechselt, erzählte Rawlinson jetzt: Er wollte einen Namen, der nicht so sehr nach Joghurt klingt – und „das beste Auto der Welt entwickeln, das beste Elektroauto, das es je gegeben hat“. Er habe viele Ideen in sich gehabt, um auf die nächste Ebene zu kommen. Als eigentlichen Konkurrenten sieht er dabei aber nicht Tesla, sondern konventionelle Luxusauto wie insbesondere aus Deutschland.
Schneller und leichter als Porsche Taycan
In seinem Gespräch mit Forbes zog Rawlinson dennoch viele Vergleiche mit anderen Elektroautos – aber nicht mit denen von Tesla, sondern mit dem Porsche Taycan. Dessen Heckmotor wiege mit 500 PS Leistung rund 175 Kilogramm, der stärkere beim Lucid Air nur 74 Kilogramm, erklärte er. Der leichte E-Motor werde an beiden Achsen eingesetzt, und außerdem habe der Lucid anders als der Porsche sowohl vorne als auch hinten ein Untersetzungsgetriebe. Bei der Wiederholbarkeit von Starts mit voller Leistung auf der Viertelmeile sei der Air auf demselben Niveau wie der (dort langsamere) Porsche Taycan Turbo S.
Auch beim Laden wird der Lucid Air laut Rawlinson sowohl Porsche als auch Tesla übertreffen. Vor kurzem hätten Mitarbeiter von ihm das Team von Electrify America erschreckt, indem sie ohne Ankündigung eine von dessen Ladesäulen ausreizten: 340 Kilowatt habe das Elektroauto dort gezogen, mehr als irgendein anderes zuvor. Gegenüber Forbes bestätigte das Ladenetzwerk diese Angaben. Wie Rawlinson wieder nur mit Blick auf den Porsche Taycan sagte, kommt als Nachteil dessen weitaus niedrigere Effizienz hinzu.
Lucid Air soll eine Ikone werden
Seinen früheren Arbeitgeber Tesla übertreffen will Rawlinson zudem auch bei der Produktionsqualität – angesichts des anvisierten Luxus-Segments wahrscheinlich unumgänglich. Für ihn arbeitet jetzt unter anderem Peter Hochholdinger, langjähriger Fabrik-Manager bei Audi, der dann kurz zu Tesla wechselte. Angesprochen auf die Qualität beim frühen Model S nahm der deutsche Experte Tesla in Schutz: Selbst Volkswagen als einer der aktuell besten Autohersteller habe Probleme in der Produktion seines ID.3 und von dessen Ablegern. Das betreffe also jeden – entscheidend sei, zu testen und zu lernen.
So viel Aufsehen wie das Model S werde Lucid mit seinem Air wohl trotzdem nicht erregen, sagte Rawlinson weiter – Tesla sei damit nun einmal der Erste gewesen und somit „innovativer und disruptiver“. Aber der Air habe die Chance, zu einer Ikone zu werden. Schon in das Model S habe er sein Herz und seine Seele investiert, in das neue Super-Elektroauto erst recht. Er hoffe einfach, dass die Leute es lieben werden.