Bild: Screenshot YouTube-Video Tesla
Wir hatten bereits im Februar darüber berichtet, dass ein Tesla-Mitarbeiter sich öffentlich über die Arbeitsbedingungen in der Produktionsstätte in Fremont beklagt hat, da es zu viele Überstunden, einen zu geringen Lohn und schlechte ergonomische Ausstattung geben soll. Tesla-CEO Elon Musk hatte die Fälle dann selbst untersucht und sprach im Anschluss von „fairen“ Bedingungen.
Nun hatte Tesla Ende letzter Woche auf dem firmeneigenen Blog einen Artikel veröffentlicht, der noch einmal die Bedeutung der Arbeitssicherheit betont. Damit wollte Tesla der Presse zuvorkommen, da man aufgrund zahlreicher eingehender Anfragen erwartete, dass demnächst negative Berichte über die Arbeitssicherheit bei Tesla veröffentlicht werden. Tesla glaubt an eine Hetzkampagne von der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW).
Mitarbeiter klagen über schlechte Arbeitsbedingungen
Wie erwartet, hat der Guardian einen Artikel veröffentlicht, der die schlechten Arbeitsbedingungen bei Tesla anprangert. Es äußern sich einige Mitarbeiter, die sich über Überstunden, hohem Druck und zahlreiche Unfällen beklagen. Ein Produktionsmitarbeiter beschreibt die Situation äußerst drastisch:
Ich habe Menschen gesehen, die ohnmächtig wurden, wie Pfannkuchen auf den Boden gefallen sind und sich ihr Gesicht aufgeschlagen haben. Sie haben uns einfach an ihm vorbei arbeiten lassen, während er weiter auf dem Boden lag.
Laut dem Guardian sollen mehrere Mitarbeiter ähnliche Ohnmachtsanfälle miterlebt haben. Einer berichtet davon, wie sein Kollege immer weitergearbeitet habe, bis er vor Erschöpfung auf dem Boden zusammenbrach. Seit 2014 soll es laut einem internen Bericht mehr als 100 Vorfälle von Kreislaufproblemen, Anfällen oder Atemschwierigkeiten gegeben haben, wofür ein Krankenwagen gerufen werden musste. Hunderte weitere Einsätze soll es wegen Verletzungen und anderer gesundheitlicher Probleme gegeben haben.
Musk: Mitarbeiter hatten eine schwere Zeit
Darauf angesprochen, erklärte Musk in einem Telefoninterview, dass die mittlerweile über 10.000 Mitarbeiter in Fremont zunächst eine schwere Zeit gehabt haben, in der sie viele Überstunden leisteten und schwere Jobs zu erfüllen hatten. Da man sich jedoch um die Gesundheit seiner Mitarbeiter sorge, hat man die Arbeitsbedingungen mittlerweile signifikant verbessert.
Die sogenannte TRIR (Total Recordable Injury Rate), also die Unfallrate bezogen auf eine Million Arbeitsstunden (häufig jedoch auch auf 200.000 Arbeitsstunden bezogen), lag bei Tesla im 1. Quartal 2017 bei 4,6 und damit 32 Prozent besser als der Industriestandard von 6,7. Ziel sei es, möglichst kaum Arbeitsunfälle zu haben, da gar keine Unfälle unmöglich sei.
Musk sagte, dass man Tesla nicht mit GM vergleichen sollte, da man gerade einmal 1% von deren Produktionsmenge produziert. Deshalb hält er auch den aktuellen Aktienkurs für höher als berechtigt. Bei Tesla ginge es laut Musk eher darum zu überleben und die Jobs zu erhalten:
Wir sind ein geldverbrennendes Unternehmen. Das ist nicht so eine Situation, in der wir die gierigen Kapitalisten sind, die bei der Sicherheit knausern wollen, um mehr Profit zu machen. Es ist stattdessen die Frage, wie viel Geld wir verlieren, und wie wir überleben. Wie gehen wir nicht unter und führen dazu, dass jeder seinen Job verliert?
Andere Mitarbeiter erklärten, dass sie Verletzungen nicht melden, da man ansonsten „leichte Arbeit“ verrichten müsse, die weniger gut bezahlt sei. Ein Mitarbeiter aus der Produktion sei so von einem Stundenlohn von 22 US-Dollar auf 10 US-Dollar herabgestuft worden, da er sich während der Arbeit bereits zweimal am Rücken verletzte und seither „leichtere Arbeit“ verrichtet.
Laut Tesla ist dieses Vorgehen jedoch gesetzeskonform und üblich, außerdem können verletzte Mitarbeiter auch andere, modifizierte Arbeit bei gleichem Stundenlohn verrichten. Die Mitarbeiter fühlen sich jedoch durch diese Regelung dazu gedrängt, Arbeitsunfälle und Verletzungen nicht zu melden, sagte einer der Mitarbeiter dem Guardian.
Trotz der zahlreichen Kritik meldeten sich auch Mitarbeiter, die mit ihrem Job zufrieden sind. „Ich bekomme Sachbezüge, ich bekomme Aktien, ich bekomme Fehlzeiten bezahlt“, sagte ein Mitarbeiter, der seit einem Jahr im Unternehmen arbeitet. „Ich genieße meine Arbeit durchaus und fühle mich fair behandelt.“