Bild: Blue Origin
Jeff Bezos hat es geschafft. Zwei Wochen, nachdem er vom Chefposten bei Amazon zurückgetreten ist, flog er an die Grenzen des Weltraums und wohl sogar ein Stück hinein. In der Kapsel New Shepard seiner Raumfahrtfirma Blue Origin ging es am Mittwoch binnen weniger Minuten auf eine Flughöhe von 107 Kilometer, deutlich über sämtliche Linien, die den Beginn des Weltraums definieren. Da der Flug jedoch nicht bis in eine Umlaufbahn führte, landete die Crew schon nach insgesamt zehn Minuten wieder am Fallschirm.
Jüngster und ältester Mensch im All
Video-Übertragungen aus der Vier-Personen-Kapsel gab es nicht, Audiokanäle aber waren offen. Und da war eine Stimme lauter und eindrücklicher zu hören als die des reichsten Manns der Welt: Immer wieder hörte man die hellen Jubelrufe von Wally Funk, die mit 82 Jahren an der Seite von Bezos saß. Schon vor 60 Jahren hatte sie für den Weltraum trainiert und war 1961 Bewerberin im privat finanzierten „Women in Space“-Programm. Die NASA setzte jedoch noch viele Jahre ausschließlich auf Männer, und so ging Funk nie auf eine Mission. Jetzt gilt sie als ältester Mensch, der im All war, wenn auch nicht in einer Umlaufbahn.
Neben Jeff Bezos‘ Bruder Mark, der den dritten Sitz belegte, war auch der vierte Passagier interessant. Der 18-jährige Niederländer Oliver Daemen hatte das Abenteuer einem Glücksfall zu verdanken. Denn eigentlich sollte der vierte Passagier derjenige sein, der bei der Auktion von Blue Origin den Höchstbetrag, 28 Millionen Dollar, geboten hatte. Doch da diese Person, wie es hieß, „Terminprobleme“ hatte und doch erst später mitfliegen will, ging der Sitz an den Zweitplatzierten der Auktionsliste. Der wiederum, der niederländische Investmentbanker Joes Daemen, überließ das Ticket seinem Sohn Oliver. Er gilt nun als der bislang jüngste Mensch, der jemals den Weltraum gesehen hat.
Das von einigen Medien ausgerufene „Weltraumrennen“ hat Jeff Bezos freilich verloren, da sein Milliardärskollege Richard Branson schon vor 9 Tagen zur Grenze des Weltraums geflogen war. Branson hatte am 11. Juli im Raketenflugzeug „Unity“ seiner Firma Virgin Galactic rund 86 Kilometer Höhe erreicht. Die NASA sieht das schon als Weltraum an, andere Gremien verlangen mindestens 100 km. Die konnte jetzt Bezos knacken. Er kam also höher – und sein Flug war auch sauberer. Denn im Unterschied zum nicht besonders umweltfreundlichen gummiartigen Treibstoff (HTPB) im Unity-Raketenflugzeug verbrennt die Rakete von Blue Origin flüssigen Wasserstoff mit flüssigem Sauerstoff als Oxidator und stößt damit kaum mehr als Wasserdampf aus.
SpaceX-Chef Musk wünscht viel Erfolg
Beide Fluggeräte werden bald auch für reguläre Kunden bereit stehen. 250.000 Dollar will Virgin Galactic für Reisen im Raketen-Flugzeug verlangen, der Ticketpreis für die Kapsel von Blue Origin wird wohl in einer ähnlichen Größenordnung liegen.
Und Elon Musk? Der schickt mit SpaceX längst Astronauten und Raumtouristen für Wochen und Monate in den Orbit, zugegebenermaßen für zwei- bis dreistellige Millionenbeträge. So verwundert es nicht, dass er vor Tagen mit einem Meme eines Twitter-Users sympathisierte, der Bezos‘ Kurztrip verglichen mit den Raumfahrt-Erfolgen von SpaceX ein wenig lächerlich machte. Doch kurz vor dem Flug wünschte Musk seinem Kontrahenten dann doch „viel Glück“.