Für seine erste Gigafactory außerhalb der USA hat Tesla sich China ausgesucht – ein Land mit einem riesigen Markt, guten Bedingungen für Elektroautos und autoritärer Regierung, die Hürden für das Projekt aus dem Weg räumte. Wie erhofft legte die Gigafactory in China schnell los und steuerte 2020 schon etwa 30 Prozent der weltweiten Tesla-Produktion bei. Doch jetzt soll das chinesische Militär verboten haben, mit Elektroautos von Tesla auf militärischen Anlagen zu parken, weil sie dort filmen könnten. Manche Beobachter sahen das als symbolischen Akt und damit als Anzeichen dafür, dass Tesla im Handelskrieg zwischen den USA und China zwischen die Fronten geraten könnte.
Keine Teslas mehr auf Militär-Gelände
Zunächst berichtete am Freitag die Nachrichten-Agentur Bloomberg, das Militär habe verfügt, dass Tesla-Besitzer künftig nicht mehr auf dessen Grundstücken parken dürfen. Als Grund dafür wurden die in den Elektroautos eingebauten Kameras genannt. Das Wall Street Journal meldete zudem, es seien Einschränkungen für die Tesla-Nutzung durch Personal beim Militär, Staatsunternehmen in sensiblen Branchen und wichtigen Behörden verhängt worden. Laut einer Zusammenfassung der Agentur Reuters war zunächst nicht klar, ob die Regel für alle derartigen Einrichtungen gilt.
Man könnte sie als normale Sicherheitsmaßnahme verstehen – auch die Berliner Datenschutz-Behörde soll vor kurzem einen Tesla-Besitzer verboten haben, seine Kameras mit Hilfe des Park-Wächter Sentry-Modus auf öffentlichen Straßen laufen zu lassen. Der Blog Electrek bezeichnete die Nachricht aus China als „keine große Sache“: Das chinesische Militär habe eben Regeln für Filmaufnahmen auf seinen Grundstücken, und die Tesla-Systeme könnten dagegen verstoßen.
Politische Beobachter aber vertraten die Ansicht, dass das Timing für die Tesla-Einschränkungen kein Zufall war. Es sei mit Sicherheit als Begleitung für die ersten hochrangigen US-Verhandlungen mit China unter dem neuen Präsidenten Joe Biden gedacht gewesen, die am Donnerstag in Alaska begannen, sagte Ian Bremmer von der Politik-Beratungsfirma Eurasia Group gegenüber Reuters. Einen Analysten erinnerte die Maßnahme an US-Einschränkungen gegen den Telecom-Ausrüster Huawei aus China, die ebenfalls mit Sicherheitsbedenken begründet werden.
Analysten warnen vor China-Problemen
Tesla-CEO Elon Musk nahm das Thema jedenfalls ernst genug, um bei einem schon vorher geplanten Video-Auftritt bei einer Konferenz in China dazu Stellung zu nehmen. Es gebe sehr starke Anreize für Tesla, Informationen sehr vertraulich zu behandeln, sagte er, und weiter: „Wenn Tesla Autos benutzen würde, um in China oder anderswo zu spionieren, würden wir geschlossen werden.“
Der Tesla-Analyst Dan Ives von Wedbush Securities erklärte gegenüber Fortune, die Einschränkungen durch das Militär ließen für sich genommen keine großen Folgen erwarten. Sie seien aber durchaus als „Warnschuss“ zu verstehen, und es bestehe die Gefahr, dass Tesla seine „Flügel beschnitten bekomme“, wenn das Unternehmen in China zu erfolgreich wird.
Another day, another brief Morgan Stanley $TSLA report:
1/2 pic.twitter.com/tkE5ckOZyH
— Sawyer Merritt (@SawyerMerritt) March 19, 2021
Ähnlich vorsichtig äußerte sich laut Twitter-Auszügen das Team um Adam Jonas bei Morgan Stanley. In einer Kurzstudie erklärte es, der Transportsektor werde mit der Zeit zunehmend wie die Versorgung mit Strom und Wasser oder Telekommunikation behandelt werden, die in den meisten Staaten inländischen Anbietern vorbehalten sei. Die Bank blieb optimistisch für Tesla und veränderte ihr Kursziel von 880 Dollar nicht. Doch die Analysten forderten Anleger dringend auf, auch Szenarien zu beachten, in denen Tesla kaum oder gar nicht mehr von seinem China-Betrieb profitiert.