Das Timing war denkbar schlecht: Am Donnerstag vergangener Woche berichtete das Handelsblatt in einem Artikel-Paket über den Abfluss von 100 Gigabyte an Daten aus Tesla-Systemen, darunter persönliche Daten von Beschäftigten und Kunden ebenso wie Informationen aus Produktion und Entwicklung – und am Samstag wurde in der deutschen Gigafactory gefeiert, als wenn nichts gewesen wäre. Zu dem „Family Day“ auf dem Gelände der Fabrik in Grünheide bei Berlin (s. Foto) hatte Tesla schon zuvor eingeladen, nutzte das Zusammentreffen aber offenbar nicht, um möglicherweise Betroffene aufzuklären.
„Keinerlei Information von Tesla“
Schon am Freitag hatte sich das Handelsblatt laut einem weiteren Bericht in der deutschen Tesla-Belegschaft erkundigt, ob das Unternehmen auf die Enthüllungen vom Vortag reagierte. „Von Tesla kam keinerlei Information, einfach nichts“, wird die Antwort eines der Befragten zitiert. Unter anderem gingen der Zeitung nach ihren Angaben detaillierte Informationen über 100.000 aktuelle und frühere Beschäftigte zu, einschließlich der Sozialversicherungsnummer von CEO Elon Musk. Der zitierte Mitarbeiter habe bestätigt, dass seine Daten dabei und korrekt waren.
Auch beim Familien-Tag in Grünheide am Samstag soll das Daten-Leck kein Thema gewesen sein – jedenfalls nicht offiziell. Unter den Anwesenden sei aber durchaus darüber gesprochen worden, berichtete anschließend die Märkische Oderzeitung, die nicht hineingelassen wurde, aber nach eigenen Angaben aus Kreisen davon erfuhr. Tesla selbst reagierte wie meist üblich nicht auf Presse-Anfragen, veröffentlichte am Samstag aber ein kurzes Twitter-Video von dem Fest auf dem Gigafactory-Gelände.
https://twitter.com/teslaeurope/status/1662531213486161920
Von CEO Musk wurde es per Like empfohlen, doch auch er äußerte sich bis Montag nicht zu den Berichten des Handelsblatts oder vieler anderer Medien, die darauf eingingen. Tesla setzt also offenbar darauf, dass sich das Thema von selbst erledigt, aber damit ist nicht zu rechnen, denn die brandenburgische Datenschutz-Behörde bestätigte laut MOZ, dass sie Hinweise auf mögliche Verstöße prüft. Wegen der internationalen Dimension hat sie zudem die zuständige Behörde in den Niederlanden in Kenntnis gesetzt, wo sich der europäische Hauptsitz von Tesla befindet.
Dienstleister wollen Schadensersatz erstreiten
Abgesehen von Behörden nehmen zudem auch private Organisationen Tesla aufs Korn. Auf der Website der Europäischen Gesellschaft für Datenschutz mbH stand am Montag das Angebot, kostenlos eine Prüfung auf mögliche Schadensersatz-Ansprüche wegen des Tesla-Leaks vorzunehmen, das sich an betroffene Beschäftigte wie Kunden richtet. Aus anderen Fällen werden Zahlungen bis 2500 Euro erwähnt. Auch die deutsche Inkasso-Firma kedapro, die unter der Marke Kleinfee bereits zu Sammelverfahren wegen anderer Tesla-Probleme einlädt, nutzt die Vorlage für eine weitere Aktion dieser Art. Peinlich ist der Vorfall für das Unternehmen also bereits – und könnte trotz seines Schweigens zusätzlich teuer werden.