Der Start des Tesla Cybertruck droht sich ähnlich in die Länge zu ziehen wie der des Sattelschleppers Semi oder des Supersportwagens Roadster: Ende November sollen bei einer Veranstaltung in der Gigafactory in Texas die ersten Exemplare des Pickups übergeben werden, aber ein Tesla-Manager ließ im Vorfeld schon wissen, dass es nur zehn Stück sein werden, und Beobachter erwarten, dass die eigentliche Serienproduktion nicht vor 2024 beginnt. Besteller müssen sich also weiter in Geduld üben – und ein Analyst schlug vor, Tesla solle das Lieblingsprojekt von CEO Elon Musk lieber beenden.
Gedämpfte Erwartungen für Musk-Liebling
Ursprünglich sollte der vor fast genau vier Jahren vorgestellte Cybertruck Ende 2021 in die Produktion gehen, und rasch eingehende Vorbestellungen in siebenstelliger Zahl sprachen dafür, dass er ein Hit für Tesla werden könnte. Doch die Umsetzung verzögerte sich. CEO Musk erwähnte zwar immer wieder, dass der Cybertruck sein Lieblingsprojekt darstellt, dämpfte aber zuletzt selbst die Erwartungen. Verglichen mit anderen Tesla-Modellen werde die Produktion des Pickups klein sein, sagte er in diesem Mai.
Als „vernünftige Schätzung“ nannte Musk 250.000 und möglicherweise 500.000 Cybertrucks pro Jahr, also Stückzahlen, die in beiden Fällen weit unter dem aktuellen Wert für das Model 3 liegen. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass die bei der Vorstellung genannten Preise ab knapp 40.000 Dollar nicht mehr gelten. Wie viel Tesla für den Cybertruck jetzt wirklich haben möchte, ist wieder offen – und nach der Erfahrung mit dem „Delivery Event“ für den Tesla Semi Ende 2022, auf das keine regulären Auslieferungen folgten, könnte es auch nach Ende November noch so sein.
Analyst rät Tesla zu Cybertruck-Stopp
Ein Analyst nahm den stockenden Cybertruck-Start jetzt sogar zum Anlass, Tesla nahezulegen, das Projekt noch vor der zum Teil heiß erwarteten Veranstaltung in Texas einzustellen. Damit sei zwar nicht zu rechnen, doch für die Aktie des Unternehmens wäre es wahrscheinlich positiv, schrieb laut einem Bericht von Investor’s Business Daily (IBD) am Montag Philippe Houchois von der Investmentbank Jefferies. Denn für 2024 sei bei Tesla ohnehin nicht viel Wachstum zu erwarten, und der Cybertruck-Verzicht würde helfen, die frühere Fokussierung auf Einfachheit, Skalierung und Tempo zurückzugewinnen.
Tatsächlich steht der Cybertruck auf gewisse Weise für das Gegenteil dieser drei Faktoren, die bei Tesla sonst eine bedeutende Rolle spielen. Laut Musk ist die Produktion mit der Edelstahl-Karosserie ausgesprochen schwierig, weshalb auch einige Zeit vergehen werde, bis der Pickup einen positiven Cashflow-Beitrag leistet. Mit voraussichtlichen Preisen deutlich oberhalb von 50.000 Dollar ist er zudem nicht unbedingt geeignet, Elektroautos tiefer in den Massenmarkt zu verhelfen.
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Insgesamt wäre Tesla damit laut Houchois besser beraten, die teure Cybertruck-Entwicklung einzustellen, berichtet IBD weiter. Das Unternehmen solle diese Ressourcen lieber auf globale Segmente mit hohem Volumen und 4680-Batterien für das Model Y konzentrieren, wird der Analyst zitiert, der zugleich sein Kursziel für die Aktie von 250 Dollar auf 210 Dollar senkte. Schließlich würden europäische Hersteller Elektroautos für 25.000 Euro vorbereiten und chinesische immer schneller.
Bei Musk selbst stieß sein Vorschlag allerdings nicht auf offene Ohren: Einen Bericht darüber auf X kommentierte er knapp mit einem Clown-Emoji. Nach Angaben seines IR-Chefs Martin Viecha befindet sich Tesla derzeit in einer Phase mit wenig Wachstum vor der nächsten großen Welle mit dem geplanten Elektroauto unterhalb von Model 3 und Model Y. Wann es auf den Markt kommen und wie es aussehen soll, ist derzeit nicht bekannt.