Bilder: teslamag.de
Am vergangenen Samstag hat Tesla hunderten oder sogar tausenden Neugierigen tiefe Einblicke in seine entstehende Gigafactory in Grünheide bei Berlin gewährt. Bis zu 9000 Besucher gleichzeitig durften das Fest besuchen, mit dem sich das Unternehmen bei den Unterstützern in der Region bedanken wollte, wie CEO Elon Musk abends auf der Bühne erklärte. Südlich vor dem langen Hauptgebäude war ein kleiner Rummelplatz mit Model-Y-Testfahrten aufgebaut, und wer wollte, durfte über eine mit Stellwänden vorgegebene Route auch das Innere der Fabrik erkunden.
Tesla-Roboter im Show-Einsatz
Dabei konnte man annähernd nachverfolgen, welchen Weg Materialien und zugelieferte Komponenten durch die Gigafactory nehmen und wie aus ihnen Stück für Stück ein Model Y wird. An vielen Stationen standen Tesla-Mitarbeitende, die meisten männlich und deutschsprachig, und gaben bereitwillig Auskunft über das Geschehen. Die Aussagen zum Stand des Ausbaus und zu der Frage, ob in der Fabrik schon komplette Model Y produziert wurden, variierten allerdings. Viele Roboter und andere Anlagen liefen, aber nur zur Show. Eine Reihe gelber und roter Maschinen-Arme im Karosserie-Rohbau zum Beispiel vollführte die einprogrammierten Bewegungen, aber ohne Teile in den Greifern oder Saugnäpfen.
Die erste Giga-Presse, auf die man auf dem weiteren Weg durch die Fabrik traf, ist dann gar keine: die haushohe und breite Maschine am nördlichen Ende sieht zwar stark danach aus und sie presst auch, aber tatsächlich handelt es sich dabei um eine Pressenstraße, die zugelieferte Bleche etwa für die Frunk-Haube des Model Y mit hohem Druck in Form bringt. Aus Elementen wie diesen wird dann an einem langem Fließband mit viel Handarbeit die rohe Karosserie einschließlich Türen fertiggestellt. Der Takt beträgt 45 Sekunden, erklärte stolz ein Tesla-Mitarbeiter, der an diesem Band arbeitet, wie er sagte. Ohne jeden Stillstand ergibt sich so eine Kapazität von gut 700.000 Elektroautos pro Jahr. Das offizielle Ziel beträgt zunächst 500.000 Model Y. CEO Musk sagte abends allerdings, bis Ende 2022 sei eine Produktion von mehr als 5000 und hoffentlich näher an 10.000 pro Woche geplant.
Bevor das Band beginnt, sind die vorher gepressten, geschweißten oder geschraubten Teile bereits mit dem Großteil des tragenden Rahmens für das Model Y verbunden. Komponenten dafür stammen aus dem mittleren westlichen Bereich des Hauptgebäudes. Dort stehen wirklich die von Tesla und ihrem italienischen Hersteller Idra Systems so genannten Giga-Pressen: riesige Druckgussmaschinen, die eingeschmolzene Barren aus einer speziellen Aluminium-Legierung in Komponenten mit der gewünschten Form gießen. Fertig installiert sahen am Samstag zwei von insgesamt acht geplanten Giga-Pressen aus, einer weiteren fehlte noch der Schornstein für den Schmelzofen davor.
Deutsches Model Y vorerst konventionell
Beim Model Y aus Deutschland will Tesla erstmals neben dem hinteren auch den vorderen Teil des Rahmens mittels Giga-Presse an einem Stück produzieren. Komplettieren soll ihn das Akku-Element, das mit Teslas eigenen 4680-Zellen im Inneren selbst einen Teil der tragenden Struktur bildet. Vorerst aber werden auch die deutschen Model Y wie die aus Fremont in Kalifornien und China die konventionelle Bauweise ohne Front-Guss und strukturelle 4680-Zellen haben, wie CEO Musk bei seinem Auftritt auf dem Giga-Fest bestätigte. An einer anderen Station präsentierte Tesla beide Varianten der Bodengruppe mit Batterien aufgeschnitten nebeneinander.
Lackiert wird unabhängig von der genutzten Träger-Struktur der gesamte rohe Tesla nach der Komplettierung am Band und noch ohne Batterien. Im ersten Schritt nach der Vorbehandlung wird jedes Fahrzeug zwecks Korrosionsschutz einmal durch ein riesiges Tauchbad gedreht, wie leider nur in einem Video zu sehen war. Über die dann folgenden mehreren Schichten Lack hat sich CEO Musk schon mehrmals voller Vorfreude gezeigt, weil sie atemberaubende neue Effekte ermöglichen sollen. Das wiederholte er auch beim Giga-Fest, an dessen Rande zu erfahren war, dass es neben dem von Musk genannten tiefen Rot zwei weitere neue Farben für das deutsche Tesla Model Y geben soll.
Gigafactory-Personal will loslegen
Nach der Lackierung wird geheiratet. Im Fall von Tesla sind an der in der Auto-Produktion so genannten Hochzeit das Fahrgestell mitsamt Batterie-Paket und Antriebseinheiten sowie die Karosserie einschließlich der Rahmen-Konstruktion darunter beteiligt. In der Endmontage folgt dann alles weitere. Laut einem Plakat in diesem Bereich bedeutet das 289 Unterstationen, „um am Ende das Model Y zum Leben zu erwecken“. Die Sitze werden nach Auskunft eines dort Mitarbeitenden aus zugelieferten Teilen zusammengebaut. Und vielleicht eine beruhigende Nachricht für kinderreiche Interessierte: Auch ein Schild mit der Aufschrift „dritte Sitzreihe“ war in diesem Bereich zu sehen.
Gleich an der ersten Karosserie-Station sagte ein Tesla-Mitarbeiter, alle hätten sich freiwillig für den samstäglichen Erklär-Einsatz in der Fabrik gemeldet. Tatsächlich war bei vielen seiner Kollegen Stolz auf die moderne Gigafactory zu erkennen, die laut ihrem CEO Musk noch in diesem Dezember erste Model Y zur Auslieferung bringen soll. Eigentlich könne man sofort loslegen, wenn endlich die abschließende Genehmigung für das Projekt vorliege, war mehrmals zu hören. Am Freitag vor dem Fest soll Tesla immerhin eine weitere Vorab-Genehmigung bekommen haben, die den Bau „der ersten 250 vollständigen Karossen“ erlaubt.