Bild: Tesla (Symbolfoto)
In den USA und offenbar auch Kanada bekommen Teilnehmer am Beta-Test mit der FSD genannten Autopilot-Software von Tesla in diesen Tagen die neue Version 10.12.2, und laut CEO Elon Musk dürfte sie eine deutliche Vergrößerung des Tester-Kreises zulassen. In Europa dagegen gab es schon länger keine spürbaren Autopilot-Verbesserungen mehr, möglicherweise weil Tesla das bisherige System kaum noch weiterentwickelt und sich stattdessen auf die grundlegend neue FSD-Software konzentriert. Nach Aussagen von CEO Musk von diesem März soll der Beta-Test damit im Sommer auch in Europa beginnen, wenn es regulatorisch zulässig ist. Laut einem Beobachter dürfte daraus aber in diesem Jahr nichts mehr werden.
Für Tesla wichtige Kommission tagt
In den USA darf man mehr oder weniger machen, was man will, in der EU dagegen brauche Tesla für den Start des FSD-Tests eine Zulassung, sagte Musk schon bei der Eröffnung der deutschen Gigafactory Ende März. Zudem sei die Übertragung auf Europa schwierig, weil es zwischen den Ländern viele feine Unterschiede im Verkehr gebe. Dennoch werde der Test, wenn die Regulierer mitspielen, möglicherweise in diesem Jahr beginnen, erklärte der CEO. Kurz darauf schrieb er auf Twitter sogar von diesem Sommer, wies aber erneut darauf hin, dass das von der Zulassung abhänge.
Die Grundlage dafür dürfte die United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) schaffen müssen, ein UN-Gremium, in dem für 56 Staaten nicht nur Europas übergreifende Regeln vereinbart werden. Manchen Tesla-Besitzern ist es ein Begriff, weil im Mai 2019 das Autopilot-System per Software-Update beschnitten wurde und das Unternehmen als Grund dafür eine UNECE-Vorschrift nannte. Wie die Kommission selbst ankündigte, fand vergangene Woche eine Sitzung ihrer Arbeitsgruppe für Fahrzeug-Harmonisierung statt, und weitere Treffen auf verschiedenen Ebenen sind im Juni geplant.
Das könnte der Anlass für den europäischen FSD-Optimismus von Tesla-CEO Musk im März gewesen sein. Doch laut einem Kunden und YouTuber aus Belgien, der die europäische Autopilot-Regulierung genau im Blick behält, dürfte es mit einer Zulassung dafür in diesem Jahr nichts mehr werden. Die UNECE beschäftige sich derzeit mit völlig neuen Regelungen für semi-autonomes Fahren, bestätigt Steven Peeters, im Hauptberuf Berater bei einer Software-Firma, in einem aktuellen Video. In einem Entwurf sei unter anderem die neue Kategorie DCAS (Dynamic Control Assistance Systems) für Systeme vorgesehen, die mehr können dürfen als heutige Assistenten, aber immer noch unter der Verantwortung der Person am Steuer operieren.
Diese Definition trifft auch auf den FSD-Autopiloten von Tesla zu, weshalb Peeters sagt, die aktuellen UNECE-Aktivitäten könnten auch den Weg für den Beta-Test in Europa ebnen. Allerdings liege derzeit nur ein grobes Entwurfsdokument mit vielen Auslassungen und auf einer eher abstrakten Ebene vor. Dass konkrete neue Regeln in näherer Zukunft in Kraft treten könnten, erwarte er deshalb nicht, erklärt der Software-Berater. Jedenfalls in diesem Jahr sei nicht mehr damit zu rechnen, sagt er in dem Video zweimal.
Autopilot-Autobahnwechsel bald erlaubt?
Eine Entscheidung in einer anderen Autopilot-Angelegenheit könnte es aber schon in diesem Monat geben, wie Peeters weiter erklärt. Vor kurzem wurde gemeldet, dass Tesla EU-Auslieferungen von Elektroautos mit den Autopilot-Zusatzoptionen EAP und FSD ausgesetzt hat, weil eine Funktion darin unzulässig sein soll. Dem Vernehmen nach geht es dabei um die Möglichkeit, das System auch Autobahnen wechseln zu lassen, was anders als Spurwechsel ohne Fahrer-Bestätigung geschieht.
Im Juni soll laut Peeters bei der UNECE abgestimmt werden, ob das verboten bleibt. Außerdem stehe auf der Agenda, das zulässige Maximal-Tempo für zeitweise autonomes Fahren (Level 3) von 60 auf 130 Stundenkilometer anzuheben. Davon profitieren würde allerdings vorerst nur Mercedes, das für das Elektroauto EQS und das Verbrenner-Pendant S-Klasse als einziger Hersteller eine Level-3-Zulassung erhalten hat. Wenn die vorgeschlagene Erhöhung kommt, werde man bei Tempo 130 auf der Autobahn arbeiten können, stellt der Beobachter in Aussicht – Mercedes werde dann „einen echten Vorteil gegenüber Tesla“ haben. So hat sich CEO Musk den regulatorischen Fortschritt in Europa wahrscheinlich nicht vorgestellt.