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Greenpeace: VW-Verkäufer mit Elektroauto-Wissenslücken, einer warnt vor Kinderarbeit

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Bild: Greenpeace

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Mit dem ID.3 als dem ersten Elektroauto vor vielen weiteren auf der speziell dafür entwickelten MEB-Plattform ist Volkswagen in diesem September nach eigener Darstellung in eine grünere Zukunft gestartet. Die Verkaufszahlen in den ersten Monaten waren nicht schlecht, aber auch nicht überragend und angesichts der lange geschürten Erwartungen jedenfalls im Vergleich zum Tesla Model 3 enttäuschend. Eine Erklärung dafür könnte jetzt die Umweltorganisation Greenpeace gefunden haben: Deutsche VW-Verkäufer wissen wenig über Elektroautos und rieten manchmal sogar aktiv vom ID.3 ab, stellte sie in Tests fest.

Warnung vor Kinderarbeit für Elektroautos

„Mit angezogener Handbremse“ lautet der Titel der am Donnerstag veröffentlichten Studie, und er scheint fast zurückhaltend gewählt. Unter anderem schickte die Organisation Freiwillige als angebliche Interessenten in 50 VW-Autohäuser und bekam nur achtmal den ID.3 empfohlen. In „einzelnen“ Fällen hätten Verkäufer vom Kauf des Elektroautos aktiv abgeraten und einer habe gewarnt, bei der Rohstoff-Gewinnung dafür sei möglicherweise „Kinderarbeit im Spiel“.

Derlei Aussagen können als Versuch verstanden werden, den Kauf eines Elektroautos zu verhindern – und tatsächlich wirken die Anreize für deutsche VW-Händler laut Greenpeace in diese Richtung. Nach Angaben des Herstellers profitieren sie von dem neuen Agentur-Modell für den ID.3 und seine kommenden Ableger, in dem sie Autos gegen eine feste Provision vermitteln. Aber damit können sie nur 6 Prozent des Kaufpreises verdienen, heißt es in der Studie. Beim bisherigen Modell mit Ankauf und Weiterverkauf auf eigene Rechnung des Händlers seien bis zu 14 Prozent zu holen.

Darüber hinaus stellte Greenpeace anhand von fünf Fragen seiner Tester erhebliche Lücken im Elektroauto-Basiswissen in der VW-Händlerstichprobe fest. So konnte eine Mehrheit nicht richtig sagen, was die Werbeaussage „bilanziell klimaneutral“ für den ID.3 bedeutet oder wie viele öffentliche Ladestationen es in Deutschland (annähernd) gibt. Immerhin die heikle Frage nach einem höheren Brandrisiko von Elektroautos im Vergleich zu Verbrennern wurde von 83 Prozent richtig beantwortet.

VW-Verkäufer empfehlen ID.3 nur selten

Laut einer Studie einer Marktforschungsfirma von Ende November würde unter den deutschen Tesla-Fahrern der Rekordanteil von 61 Prozent anderen ebenfalls so ein Elektroauto empfehlen. Unter den deutschen VW-Verkäufern scheint die entsprechende Quote viel niedriger zu sein: 25 von ihnen ließ Greenpeace allgemein fragen, welches Auto bis 35.000 Euro nach Abzug von Förderung bei bestimmten Rahmenbedingungen in Frage komme; die Daten wurden so gewählt, dass sie zu den VW-Angaben zum ID.3 passen. Aber nur einmal empfahl ein Verkäufer dieses Elektroauto, 17 andere dagegen verschiedene Verbrenner-Modelle von VW.

Weitere 25 VW-Verkäufer wurden gezielt nach einer Empfehlung für einen Golf (als Benziner, Diesel oder Hybrid) oder den ID.3 gefragt – und 40 Prozent rieten den angeblichen Kunden, den Golf zu nehmen. Nur sieben Verkäufer oder 28 Prozent empfahlen den VW ID.3. In einer nicht genannten Zahl von „einzelnen“ Fällen wurde laut Greenpeace aktiv von dem Elektroauto abgeraten; die Studie enthält drei Beispiele dafür, unter anderem die Aussage zur Kinderarbeit.

Will VW nicht zu viele Elektroautos?

Auf Anfrage von Greenpeace erklärte Volkswagen, die Provision für die Händler sei „sicher und angemessen“, und wie diese ihre internen Anreize gestalten würden, unterliege nicht dem Einfluss des Herstellers. In Händler-Schulungen zu Elektroautos sei seit 2018 ein siebenstelliger Betrag investiert worden.

Allerdings äußert Greenpeace den Verdacht, dass auch der Hersteller selbst einen Anreiz hat, den Verkauf von Elektroautos nicht zu sehr zunehmen zu lassen. In diesem Jahr gelten erstmals die neuen Flotten-Ziele der EU zum CO2-Ausstoß. Diese wolle Volkswagen einhalten, aber nicht übertreffen, schreibt die Organisation dazu. Denn die Flotten-Bilanz dieses Jahres diene als Basis für die Umrechnung von NEFZ auf den neueren Standard WLTP in 2021, die umso ungünstiger ausfalle, je höher der Elektroauto-Anteil eines Herstellers 2020 war.

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