Bild: SpaceX
Ende vergangener Woche stand im texanischen Boca Chica die größte Rakete der Welt, zumindest für eine Stunde. Elon Musks Raumfahrtfirma SpaceX setzte zum ersten Mal die Unter- und Oberstufe des neuen Starship-Raketensystems aufeinander. Das ergibt rund 120 Meter Höhe, 10 Meter mehr als bei der legendären Mondrakete Saturn V der NASA. Stunden später waren die Stufen allerdings schon wieder getrennt. Das Ganze war ein „fit test“, um zu prüfen, ob sich die beiden Stufen gut verbinden lassen – und ermöglichte Medien wie Fans eindrucksvolle Fotos.
Erster Testflug von Rekord-Rakete naht
In einigen Wochen könnte die größte und zugleich stärkste Rakete aller Zeiten zum ersten Mal den lang ersehnten Testflug in den Erdorbit absolvieren. Bis dahin fehlen unter anderem noch Tanks, Leitungen, Hitzeschutzkacheln an der Rakete und einige letzte Bodentests der Raptor-Triebwerke, wie Musk wissen ließ. Der Entwicklungssprung für SpaceX ist groß. Bisher absolvierte nur die Oberstufe mit drei Triebwerken verschiedene „Hops“ bis in maximal gut 10 km Höhe, wobei nur einmal alles inklusive Landung klappte. Die Unterstufe, der Booster, der mit 29 Raptor-Triebwerken eine gewaltige Schubkraft zur Überwindung der Erdschwerkraft erzielt, wurde noch nie im Flug getestet.
So wundert es nicht, dass laut Elon Musk das Primärziel des nahenden Orbitalflugs darin bestehen wird, dass die Rakete sicher abhebt und ihre neue Startplattform nicht zerstört. Denn diese samt 140 Meter hohem Turm, Elon Musk nennt sie „Stufe 0“, wurde in den letzten Monaten mit sehr viel Aufwand errichtet.
Eine sichere Landung und Wiederverwendung ist bei dem ersten riskanten Test nicht eingeplant. Nach einer dreiviertel Erdumkreisung, bei der orbitale Geschwindigkeit (rund 28.000 km/h), aber keine stabile kreisförmige Erdumlaufbahn erreicht wird, soll die Oberstufe in den Pazifik bei Hawaii fallen. Die Unterstufe wird im Atlantik nahe Boca Chica wassern. Laut Elon Musk wird SpaceX voraussichtlich versuchen, die Triebwerke wie bei einer echten Landung zu aktivieren, und dann beobachten, wie stabil der Booster über dem Wasser herunterkommt. Das soll Erkenntnisse dazu liefern, ob er bei einer späteren Landung auf der Plattform sicher von einem dort wartenden Auffangarm gegriffen werden könnte. Diese „Mechazilla“-Idee hatte Musk Anfang des Jahres vorgestellt, und sie scheint tatsächlich ernst gemeint zu sein. Noch ist der Monster-Arm für die Riesen-Rakete nicht gebaut. Es wird spekuliert, ob er mit einem Kransystem verbunden sein wird, das außerdem die Funktion hat, die Raketenteile vor dem Start auf die Plattform zu stellen.
Musk will hohes Tempo bei SpaceX
Vieles dieser Einblicke in die zukünftigen Starship-Flüge gab Elon Musk höchstpersönlich bei einem unterhaltsamen Interview-Rundgang mit Tim Dodd, bekannt als Everyday Astronaut. Darin erfährt man unter anderem, wie die Mondversion des Starship aussehen könnte, die SpaceX für die NASA baut. Fließt weiter ausreichend Geld von der US-Regierung, könnten damit 2024 erstmals wieder Menschen auf dem Mond landen.
Musks Langfristziel aber ist der Mars. Ein erster probeweiser Starship-Flug zum Roten Planeten könnte schon 2022 klappen – zunächst noch ohne Besatzung. Wann erstmals Menschen einsteigen, hängt von der Innovationsgeschwindigkeit ab, mit der SpaceX die nächsten Starships startet und Schritt für Schritt verbessert. Mit Dutzenden orbitalen Flügen von Starship-Testraketen kann man rechnen, ehe alles reibungslos funktioniert, inklusive sicherer Landungen und Wiederverwendung. Und wer Elon Musk in den Interviews zuhört, wird merken, dass er alles daran setzen wird, das bislang hohe Tempo zu erhalten.