Bild: Nio
Die chinesische Elektroauto-Branche sei die wettbewerbsfähigste der Welt, mit besonderen Stärken bei Software, erklärte Tesla-CEO Elon Musk in diesem September als Video-Gast bei einer Konferenz in dem Land. Tatsächlich bringen Startups wie ältere Unternehmen dort zunehmend interessante Elektroautos auf den Markt. Nio etwa, gegründet 2014 mit Kapital von großen Technologie-Unternehmen wie Tencent, hat jetzt mit dem ET5 einen direkten Konkurrenten für das Tesla Model 3 vorgestellt.
Nio-Elektroauto ET5 mit AR-Brille
Präsentiert wurde das neueste Modell am Samstag beim Nio Day 2021 des Unternehmens, abgehalten als Präsenz-Veranstaltung nahe Shanghai. Der ET5 ähnelt stark dem im September vorgestellten Nio ET7. Für Assistenz-Funktionen und später autonomes Fahren sind beide Elektroautos unter anderem mit einem Lidar-Sensor ausgestattet. Hinzu kommen Infotainment-Funktionen, wie man sie selbst von Tesla noch nicht kennt. Für den ET5 wurde eine spezielle Brille für Augmented Reality entwickelt, die nach Angaben von Nio einen optischen Eindruck liefert wie eine 5 Meter große Leinwand in 6 Metern Entfernung.
Auch bei den reinen Elektroauto-Daten kann sich der Nio ET5 sehen lassen, wie aus einer Mitteilung des Herstellers hervorgeht. Die kleinste Variante mit 75 Kilowattstunden Akku-Kapazität soll eine Reichweite von mehr als 550 Kilometern haben, allerdings nach der milden China-Norm, die beim Tesla Model 3 mit vergleichbar großer Batterie für 675 Kilometer reicht.
Das kleinste Model 3 kommt mit 556 Kilometern trotz deutlich kleinerem Akku sogar etwas weiter als der Basis-Nio. Auf der anderen Seite soll es den ET5 optional mit deutlich mehr Kapazität und damit Reichweite geben: 100 Kilowattstunden für mindestens 700 China-Kilometer und 150 Kilowattstunden für 1000 Kilometer.
Preise wurden zunächst nur für die beiden kleineren Akkus genannt. Sie beginnen bei 328.000 Renminbi. Das sind umgerechnet knapp 46.000 Euro. Nach der Reichweite lässt sich dieser Nio ET5 am besten mit dem kleinsten Tesla Model 3 vergleichen, das in China 256.000 Renminbi kostet, also rund 19 Prozent und 9000 Euro weniger. Eine Besonderheit bei Nio ist aber, dass man die Elektroautos auch ohne Akku kaufen und ihn stattdessen mieten kann. Außerdem betreibt das Unternehmen Stationen für schnellen Batterie-Tausch statt Aufladen. Ende 2022 soll es 1300 dieser Standorte geben, auch in neu erschlossenen Ländern im Westen.
Tesla-Chef Musk: Achtet auf China
Für seinen ersten Schritt dorthin hat sich Nio das Elektroauto-Land Norwegen ausgesucht. Seit diesem September gibt es dort zunächst das SUV ES8 mit bis zu sieben Sitzen, das noch auf einer früheren Plattform basiert. Im kommenden Jahr aber sollen mit Deutschland, den Niederlanden, Dänemark und Schweden vier weitere europäische Länder folgen, wie der Blog CnEVPost von der Veranstaltung berichtete. Hier soll es mit dem modernen ET7 losgehen, der in China nach den neuen Informationen ab Januar 2022 bestellt werden kann und ab Ende März ausgeliefert wird.
Für den ET5 kündigte Nio den Start der Auslieferungen im September 2022 in China an und sagte vorerst nichts zu Europa. Auf den größeren ET7 folgen dürfte er trotzdem früher oder später. Auf Kunden kommt also eine interessante Erweiterung der Elektroauto-Auswahl zu – und auf Tesla und andere West-Hersteller neue Konkurrenz. CEO Musk hat das erkannt, denn in einem Interview mit der Financial Times anlässlich seiner Wahl zur Person des Jahres 2021 wies er genau darauf hin: Wie ab den 1980er Jahren aus Japan könne in Zukunft eine Welle von Auto-Exporten aus China den Westen erreichen, sagte er.