Bild: T&E
Für ihren Koalitionsvertrag schien die neue deutsche Regierung aus SPD, Grünen und FDP so etwas wie eine Aufbruchsstimmung erzeugt zu haben, doch in der Umsetzung tut sie sich schwer. So rüttelte der Verkehrsminister Volker Wissing zusammen mit der Industrie bereits an dem darin enthaltenen Ziel von 15 Millionen reinen Elektroautos in Deutschland im Jahr 2030. Tatsächlich wird es sich laut einer aktuellen Studie ohne strengere CO2-Grenzwerte auch gar nicht erreichen lassen – und in ein interner Ampel-Streit darum soll jetzt ohne eine Verschärfung ausgegangen sein.
Nur 11 Mio. Elektroautos in 2030 erwartet
Im vergangenen Juli hatte die EU-Kommission ein neues Klima-Paket namens Fit for 55 vorgestellt, das eine weitere Reduzierung der Auto-Emissionen um 55 Prozent bis 2030 vorsieht. Das klingt erst einmal streng, enthält aber keine Zwischenziele, sodass die Industrie im Prinzip bis 2029 weitermachen könnte wie bisher. Zudem würde es laut der Organisation Transport & Environment (T&E) zur Erreichung des deutschen Elektroauto-Ziels nicht ausreichen: Bei Beibehaltung der EU-Vorschläge wären nach ihren Berechnungen bis 2030 nur etwa 11 Millionen reine Elektroautos zu erwarten, also 4 Millionen weniger als angestrebt, teilte sie am Donnerstag mit.
Um mehr zu schaffen, müsste Verkehrsminister Wissing auf nationaler Ebene zu anderen Maßnahmen wie Tempolimit, höheren Sprit-Preisen oder Pkw-Maut greifen, heißt es in der Mitteilung weiter. Allerdings hat T&E auch einen anderen Vorschlag: Mit strengeren CO2-Vorgaben lasse sich rechnerisch dafür sorgen, dass 2030 sogar 16 Millionen reine Elektroautos in Deutschland unterwegs sind, schreibt die Organisation (s. Grafik oben). Statt in dem Jahr noch um 55 Prozent reduzierte Flotten-Emissionen zuzulassen, schlägt sie vor, den Grenzwert in drei Schritten ab 2025 um insgesamt 80 Prozent zu senken. Das sei nicht nur klimapolitisch geboten, sondern auch im Interesse der deutschen Auto-Industrie, die ansonsten hinter chinesische Elektroauto-Hersteller zurückzufallen drohe.
Regierung plant keine strengeren CO2-Regeln
Nach einem Bericht der FAZ aber wird es zu der gewünschten CO2-Verschärfung gegenüber den EU-Zielen nicht kommen. In einem Streit darum zwischen dem FDP-Verkehrsminister und der Grünen-Umweltministerin Steffi Lemke habe Bundeskanzler Scholz jetzt im Sinne von Wissing entschieden, heißt es darin. Deutschland werde sich bei der EU also nicht für strengere Ziele einsetzen, sondern die Vorschläge von Fit for 55 mittragen. Lemke hatte stattdessen 75 Prozent CO2-Reduktion bis 2030 und Vorgaben schon für frühere Jahre gefordert.
Ein wenig scheint Scholz ihr und damit der ganzen grünen Seite aber entgegengekommen zu sein: Laut Lemke will Deutschland zumindest verhindern, dass die Verwendung von Synthetik-Kraftstoffen bei der Berechnung der Flotten-Werte berücksichtigt wird. Wenn sie aus grünem Wasserstoff hergestellt sind, machen auch solche von Teilen der deutschen Industrie gelobten E-Fuels weitestgehend emissionsfreies Fahren möglich. Für den Straßenverkehr sei das aber keine effiziente Lösung, sagte die Ministerin der FAZ, und die langwierige Debatte darüber in der Bundesregierung sei jetzt beendet.