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Die Strategie von Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess, sich mit offenen Anleihen bei Tesla als schneller Verfolger auf dem wachsenden Elektroauto-Markt zu positionieren, scheint zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung zu funktionieren. Denn wenn es in englischsprachigen Online-Medien um Elektroautos und die Chefs ihrer Hersteller geht, dann wird laut einer neuen Auswertung über nichts und niemanden so viel geschrieben wie über Tesla und seinen CEO Elon Musk. An zweiter Stelle aber liegen Volkswagen und Diess – wozu allerdings zuletzt ein gestiegener Anteil negativer Aufmerksamkeit beitrug.
Tesla und Musk vor VW und Diess
Darüber berichtete jetzt in einem Blog-Beitrag Pulsar, nach eigenen Angaben ein Anbieter von Zielgruppen-Analysen, der für seinen Trac-Dienst Stimmen aus klassischen und sozialen Medien im Internet auswertet. In dem Beitrag geht es um unterschiedliche Themen in Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Elektromobilität und ihrer Akteure. Daten-Grundlage sind laut Pulsar 300.000 Beiträge und Artikel aus den USA und Großbritannien aus der Zeit zwischen Mitte Februar und Anfang April.
Ein wenig überraschendes, aber dennoch für alle Elektroauto-Hersteller wichtiges Ergebnis der Medien-Analyse: Das Thema Lademöglichkeiten beherrscht mit 52 Prozent Anteil klar die Diskussionen, gefolgt von den Kosten mit 40,7 Prozent. Für Fahrerlebnis und Optik blieb damit nur wenig übrig. Auch die häufigste englische „kann“-Frage in Online-Kanälen von Nachrichten bis TikTok bezog sich auf das Laden: „Kann man Elektroautos zuhause laden?“.
Ebenfalls hat Pulsar ausgewertet, welchen Anteil an der Elektroauto-Konversation die einzelnen Hersteller haben. Tesla kommt hier auf fast ein Drittel und damit weitaus mehr als jeder andere (s. Grafik oben). Nummer Zwei ist Volkswagen mit 12,1 Prozent Medien-Anteil bei Elektroautos, dann kommt BMW mit 7 Prozent. Als zweiter reiner Elektroauto-Hersteller steht Lucid Motors mit 5,9 Prozent beim Stimmanteil an sechster Stelle, vor ihm noch kommen noch Ford und GM. Um Daimler geht es bemerkenswert selten: Der Medien-Anteil des dritten deutschen Autokonzerns beträgt 2,1 Prozent – noch weniger hatte nur Honda.
Biden wichtigste Elektroauto-Person
Immerhin unter den öffentlichen Persönlichkeiten konnte eine Person dem Tesla-CEO Elon Musk bei der Medien-Prominenz das Wasser mehr als reichen: der neue US-Präsident Joe Biden, der im im ausgewerteten Zeitraum viel über seine Elektroauto-Pläne für das Land erzählte. Sein Anteil betrug laut Pulsar 39,3 Prozent, der von Musk 27,3 Prozent.
Damit ist der Tesla-CEO allerdings der einzige Autohersteller-Chef, der in der Tortengrafik der meist erwähnten Elektroauto-Personen auftaucht. Ansonsten stehen darin weitere Politiker wie der New Yorker Senator Chuck Schumer oder als kleinstes Stück mit 1,1 Prozent der branchenfremde Amazon-CEO Jeff Bezos. Nebenaspekt: Nancy Pelosi, Sprecherin des Repräsentantenhaus, war der einzige weibliche Elektroauto-Promi in den englischen Online-Medien.
Natürlich war Musk damit allein unter den Auto-CEO der im Zusammenhang mit Elektroautos klar am häufigsten diskutierte – er kam auf gut dreimal so viel Medienanteil wie alle anderen zusammen. Unter den in diesem Fall fast abgeschlagenen medialen Verfolgern wiederum führt Diess von Volkswagen mit weitem Abstand: Auf ihn entfielen 66,4 Prozent aller Rest-Erwähnungen, wenn man den Tesla-Chef außer Acht lässt. Dann kam mit noch 9,8 Prozent Peter Rawlinson von Lucid, gefolgt von BMW-Chef Oliver Zipse und dann mit Mary Barra von GM der einzigen weiblichen CEO der Branche.
Voltswagen-Aprilscherz wirkt nach
Allerdings hat sich Volkswagen die Position als „Bester des Rests“ laut Pulsar sowohl bei der Marke als auch beim CEO mit einem hohen Negativ-Anteil erkämpft. Eine klare Spitze erreichte die Online-Aufmerksamkeit von Volkswagen Ende März, als sich die US-Tochter der Marke verfrüht an einem April-Scherz mit einer angeblichen Umbenennung in Voltswagen versuchte. Das wurde weithin als nicht lustig, sondern schlicht gelogen wahrgenommen. Wie die Pulsar-Daten zeigen, ging das Volkswagen-Interesse im Internet schon kurz darauf wieder steil zurück – und vor allem verblieb der Negativ-Anteil an allen Erwähnungen, der vorher meist niedriger war, seitdem bei etwa 50 Prozent.
„So wie bei dem Unternehmen, für das er steht, enthält das scheinbare Aufholen auf den Stimmanteil von Tesla ein hohes Maß an negativen Äußerungen“, schreibt Pulsar mit Blick auf VW-Chef Diess. Doch um die mediale Lücke zu Tesla und Musk zu schließen, sei mehr erforderlich als eine Aktion zum 1. April.