Bild: @JMilei
Seinen höchstwahrscheinlich größten Kunden weltweit hat Tesla schnell wieder verloren: Ende 2021 kündigte der Auto-Vermieter Hertz an, 100.000 Elektroautos des Unternehmens in seine Flotte zu nehmen und begann mit dem Einkauf, doch zwei Jahre später ließ er wissen, sich wegen hoher Kosten und niedriger Restwerte von einem Teil der Tesla-Flotte zu trennen. Das zweite Problem hängt mit mehrfachen Neupreis-Senkungen zusammen, über die sich auch viele private Tesla-Besitzer beschwerten. Laut einer aktuellen Umfrage sind sie aber trotzdem ausgesprochen treu.
87 Prozent wollen wieder einen Tesla
87 Prozent der bestehenden Tesla-Kunden würden erneut ein Auto dieser Marke kaufen, meldete der Info-Dienst Bloomberg Intelligence in dieser Woche auf Grundlage der Befragung von 1000 Personen in den USA. Damit steht der reine Elektroauto-Hersteller an der Spitze der Loyalitätswerte. Platz 2 und 3 besetzten Lexus und dessen Marken-Mutter Toyota, die mit 68 Prozent bzw. 54 Prozent weit hinter Tesla lagen. Insgesamt wollen laut der Umfrage 93 Prozent der Elektroauto-Besitzer bei dieser Antriebsart bleiben. Bis 2030 erwartet Bloomberg Intelligence für sie einen Marktanteil von 25 Prozent – etwa so viel, wie China bereits hat.
Die umstrittene Tesla-Preispolitik scheint in den USA bisher also weder der Marke ernsthaft zu schaden noch Elektroautos allgemein. Allerdings fand die Umfrage vor einer neuen Entscheidung statt, von der sich ausgerechnet diejenigen benachteiligt fühlen könnten, die überdurchschnittlich fest an das Unternehmen und seinen CEO glauben: Die Autopilot-Option FSD kostete in den USA bis zu 15.000 Dollar und Elon Musk hatte angekündigt, dass der Preis immer weiter steigen werde, doch im August 2023 senkte Tesla ihn auf 12.000 Dollar. Und in dieser Woche wurden die Kosten im Abo-Modell sogar von 199 Dollar auf 99 Dollar glatt halbiert.
Kauf von FSD-Option lohnt sich nicht
Das kündigte CEO Musk selbst auf X an – mit dem neuen Zusatz „supervised“ vor dem FSD als Abkürzung für Full Self-Driving, der vor kurzem das bisherige „beta“ ablöste. Der Kaufpreis blieb dagegen zunächst unverändert, was bedeuten dürfte, dass sich absolut niemand mehr für diese Option entscheidet, wenn es so bleibt: Mit dem halbierten Abo-Preis könnte man FSD zehn Jahre lang nutzen, bis 12.000 Dollar erreicht sind, und ist anders als beim Kauf nicht einmal so lange gebunden. Derzeit ist gekauftes FSD zwar wieder auf einen neuen Tesla übertragbar, aber das erste Angebot dieser Art hatte Musk als einmalige „Amnestie“, also eine Art Gnadenakt bezeichnet.
Vor diesem Hintergrund rätselten Beobachter, warum Tesla sich zu der drastischen Abo-Verbilligung entschlossen hat. Eine mögliche Erklärung wäre, dass die Rate der FSD-Käufer zuletzt so niedrig war, dass ohnehin kaum Einnahmen verloren gehen. Irgendwann soll das System aus nur noch Kameras und künstlich intelligenter Software laut Musk so gut sein, dass es für wirklich autonomes Fahren zugelassen wird. Doch das lässt viel länger auf sich warten als vom Tesla-CEO viele Male in Aussicht gestellt.
Keine Robotaxi-Anmeldung von Tesla
Die neu eingeführte „supervised“-Einschränkung könnte man als Eingeständnis verstehen, dass FSD auf der heutigen Hardware-Grundlage dauerhaft nicht mehr sein kann als ein Assistenz-System. Jedoch kündigte CEO Musk Anfang April eine Veranstaltung im August an, bei der ein „Robotaxi“ vorgestellt werden solle. Dieses werde weder Pedale noch Lenkrad haben, hatte er zu einem Fahrzeug mit diesem Namen im April 2022 gesagt. Menschliches Eingreifen wäre beim Tesla Robotaxi also ausgeschlossen.
Dafür müsste das FSD-System nicht nur gut sein, sondern nahezu perfekt – sowie anders als bloße Assistenz staatlich zugelassen. Darum hat sich Tesla bislang aber offenbar nicht gekümmert: Laut einem NBC-Bericht von dieser Woche erklärten zuständige Regulierer in den US-Bundesstaaten Kalifornien, Nevada und Arizona, nicht über entsprechende Pläne informiert zu sein.
Insofern ist nicht damit zu rechnen, dass am 8. August der Start eines echten Robotaxi-Programms angekündigt wird. Einen Reuters-Bericht, laut dem zugunsten dieses Projekts ein Tesla für 25.000 Dollar verschoben wurde, hatte Musk vergangene Woche als Lüge bezeichnet. Aus seiner Biografie ist bekannt, dass das neue Elektroauto auf der gleichen Plattform basieren sollte wie das Robotaxi. Also könnte Tesla in knapp vier Monaten über beides informieren. Wie alles zusammenhängt, dürfte der CEO schon in der vorletzten April-Woche in der Analysten-Konferenz zu den Geschäftszahlen für Q1 2024 gefragt werden. Ob er konkret antwortet, ist natürlich offen.
Model Y für Europa in neuer Variante
In Europa hat Tesla unterdessen in dieser Woche bereits etwas für die Modell-Vielfalt getan, wenn auch nur innerhalb des bisherigen Programms: Das Model Y gibt es jetzt in einer vierten Version, die den gleichen großen Akku hat wie die beiden höheren Long Range und Performance, aber wie die Basis-Variante lediglich Heckantrieb. Das neue Model Y LR RWD hat damit eine WLTP-Reichweite von 600 Kilometern, 35 Kilometer mehr als bei der Allrad-Version. Der deutsche Preis liegt mit 48.990 Euro näher an der Basis als an dieser nächsthöheren Ausführung, die auch als LR AWD bezeichnet wird.
Manche Anleger werfen CEO Musk vor, dass er sich seit einiger Zeit zu viel um Politik kümmert und zu wenig um Tesla. An diesem Freitag hatte er jedoch Gelegenheit, beides miteinander zu vereinen: Musk bekam in der Gigafactory Texas Besuch von Argentiniens neuem Präsidenten Javier Milei (s. Foto oben), den er bereits im Wahlkampf unterstützt hatte. Beide seien sich einig gewesen, dass Märkte weiter geöffnet und die Freiheit verteidigt werden müsse, erklärte laut einem FAZ-Bericht anschließend das argentinische Präsidialamt, und auf X zeigten Musk und Milei mehrfach, wie gut sie sich verstehen.
Braucht Tesla argentinisches Lithium?
Um konkrete Projekte in Argentinien scheint es bei dem Treffen in Texas nicht gegangen zu sein – damit wäre Milei wohl der bislang einzige Staatslenker, der sich die Gelegenheit entgehen ließ, direkt beim Chef für eine Tesla-Investition zu werben. In Frage kämen unter anderem Lithium-Geschäfte, denn Argentinien hat von diesem wichtigen Batterie-Rohstoff mit die größten Vorkommen, und das Musk-Unternehmen baut eine Raffinerie dafür in Texas. Allerdings liegt die eigene Batterie-Produktion weit hinter der ursprünglichen Planung zurück – und falls Tesla sich auf Software und KI konzentrieren möchte statt auf immer mehr Elektroautos, wird argentinisches Lithium vielleicht gar nicht gebraucht.