Bild: teslamag.de
Einer der Vorteile von Elektroautos ist, dass sie die beim Bremsen freiwerdende Energie nicht klassisch als Reibungswärme verschwenden, sondern mittels Rekuperation als Strom zurückgewinnen können. Dadurch kann man getrost mit dem letzten Batterie-Rest auf einem Gipfel ankommen, solange anschließend eine längere Bergab-Fahrt frischen Strom verspricht und die nächste Ladestation dann nicht mehr allzu weit ist. Dazu muss die Rekuperation natürlich richtig und ausdauernd funktionieren – und beim Ford Mustang Mach-E ist das offenbar nicht der Fall.
Sechs Ford-Elektroautos blieben stehen
Innerhalb der letzten zwei Wochen habe er sechs Exemplare des Ford-Elektroautos abgeschleppt, berichtete laut einem Artikel der norwegischen Publikation Motor ein Autohändler aus dem Fjord-Dorf Eidsdal im äußersten Nordwesten des Landes. Sie alle sollen an den Bergstraßen der Region gescheitert sein, aber eben nicht beim Herauffahren, sondern auf dem Weg nach unten. Die elektrischen Mustangs seien mit nicht mehr funktionierendem Motor und blockierten Rädern stehengeblieben, weil ihre Batterie durch zu viel Rekuperation überhitzt gewesen sei, erklärte der Helfer.
Laut dem Bericht wurde Motor durch die Hinweise von Lesern auf das Problem aufmerksam. Mehrere hätten Bilder von Mustang Mach-E eingeschickt, die auf den Serpentinen-Straßen in der Geiranger-Gegend im Weg standen. Einer kam immerhin direkt vor einem Hotel zum Stillstand, in das er dann sein Gepäck trug, bevor sein Elektroauto mit dem Abschleppwagen abgeholt wurde. In Ford-Werkstätten der Umgebung habe sich das Problem dann lösen lassen. Der Hersteller erklärte auf Anfrage von Motor, er wisse von „einer sehr kleinen Zahl“ von Fahrzeugen, bei denen der elektrische Motor bei steilen Bergab-Fahrten ausgefallen sei. Das Problem lasse sich mit einem Software-Update beheben, das 30-45 Minuten dauere.
Mustang Mach-E in Norwegen beliebt
Es scheint darin zu bestehen, dass die bisherige Ford-Software gar nicht genug rekuperierten Strom bekommen kann – und wenn dadurch der Akku zu heiß wird, schaltet sie sicherheitshalber ab, und das offenbar ohne Vorwarnung. Das sieht nach einem Versäumnis in der Entwicklung aus. Und weil es sich um ein Software-Problem handelt, drängt sich ein Vergleich mit Tesla als dem Unternehmen auf, dem der Rest der Branche jetzt nicht mehr nur beim elektrischen Antrieb folgt, sondern auch in Digital-Fragen.
Beides hängt ohnehin eng zusammen, weil bessere Software einen effizienteren – oder eben zuverlässigen Elektro-Antrieb ermöglicht. Und hier scheint Ford nur teilweise gut gearbeitet zu haben. So schaffte der Mach-E beim jüngsten Sommer-Test des norwegischen Auto-Clubs NAF (mit ebenfalls einigen Bergen) die zweitgrößte Reichweite nach dem Tesla Model 3 Long Range. Aber das nützt natürlich wenig, wenn das Ford-Elektroauto jetzt offenbar sogar reihenweise an einer touristisch beliebten Strecke scheitert.
Dabei stehen die Sommerferien in Norwegen bevor, und die Auslieferungen des Mustang Mach-E kommen gerade erst richtig in Schwung – im Juni war er wie beim Reichweiten-Test Zweiter bei den Neuzulassungen hinter dem Model 3 und steht im Juli aktuell ganz an der Spitze. Aber ganz anders als bei Tesla ist bei Ford im aktuellen Fall kein Update per Funk möglich.
Konkurrenz lernt Updates im Tesla-Stil erst
Denn diesen Teil des Tesla-Systems lernen auf Elektroautos umstellende etablierte Hersteller erst nach und nach. So musste Porsche vor kurzem alle rund 43.000 bislang verkauften Taycan in die Werkstätten „einladen“, weil sie ebenfalls eine Software-Verbesserung brauchen. Volkswagen hat im Juli mit einigem Tam-Tam das erste Funk-Update bei seinen ID-Elektroautos begonnen, und es dauert gut dreieinhalb Stunden. Und Ford gab jetzt gegenüber Motor an, für eine schnelle Lösung müssten Besitzer des Mach-E in eine Werkstatt kommen. Ein drahtloses Update zur Lösung des Berg-Problems soll es auch noch geben – aber erst im September oder Oktober.