Außer beim elektrischen Antrieb folgen etablierte Autohersteller nach und nach auch bei Software dem Vorbild von Tesla: Auch ihre Fahrzeuge sollen nach Möglichkeit mittels Funk-Updates (over the air – OTA) regelmäßig auf einen neuen Stand gebracht werden können wie ein Smartphone. Volkswagen hat vor diesem Hintergrund jetzt das erste OTA-Update für Elektroautos seiner ID-Familie begonnen und (wenigen) Medien-Vertretern vorab Auskunft dazu gegeben. Dabei zeigte sich: So souverän wie Tesla beherrscht VW die modernen OTA-Aktualisierungen nicht.
Elektroautos für VW keine Smartphones
Das geht aus einem Video-Bericht der Elektroauto-Vermietung nextmove von der Veranstaltung zu den neuen Funk-Fähigkeiten hervor. Demnach geht VW das Thema im Grunde an wie Tesla: Im Hintergrund wird die neue Software geladen und dann nach einer Nutzer-Bestätigung auf das Fahrzeug gespielt, wenn es eine Weile steht. Diese Weile kann bei Volkswagen allerdings ziemlich lang werden: Beim Start werden in dem Video von dem nextmove-Test 40 Minuten angegeben (und in Bildschirm-Fotos dazu in einer VW-Präsentation sogar nur 11 Minuten) – aber später muss man die VW-Elektroautos für den zweiten Update-Teil noch einmal 3 Stunden sich selbst überlassen. Bei Tesla dauern derartige Funk-Aktualisierungen normalerweise weniger als eine Stunde.
„Over the air Updates gibt es schon lange“, heißt es in der VW-Präsentation, und dann „aber ein Auto ist nun mal kein…“, gefolgt vom Bild eines Smartphones. Warum das Update, das wenige neue Funktionen enthält, derart viel Zeit in Anspruch nimmt, erklärte VW-Entwicklungsvorstand Thomas Ulbrich in einem Gespräch mit nextmove-Geschäftsführer Stefan Moeller nicht. Er sprach von großen Datenmengen, aber die rund 6,5 Gigabyte für die MEB-Software Version 2.3 werden ja vorab auf das Auto geladen. Gut dreieinhalb Stunden dauert also nicht das Herunterladen, sondern die Installation.
Zunächst bekommen keine normalen Käufer von ID.3 und ID.4 als den ersten zwei Elektroautos auf der neuen MEB-Plattform die neue Software, sondern nur die rund 2500 Mitglieder des First Mover Club, erklärte VW laut dem nextmove-Bericht weiter. Vorher sei sie bei rund 1000 internen Fahrzeugen getestet worden. Vor dem breiten Start wolle man das Feedback der frühen Kunden einholen, erklärte Ulbrich. Die Version 2.3 werde so bleiben, wie sie jetzt ist, aber der Prozess für das OTA-Update könne sich noch ändern. Wenn die Rückmeldung laute, dass die Installation zu lange dauert, werde VW möglicherweise die Pakete anders zuschneiden, kündigte Ulbrich an.
OTA-„Demokratisierung“ im dritten Quartal
Der gesamte Zeitaufwand dürfte sich allein dadurch aber nicht verringern lassen. Das spricht dafür, dass der Update-Prozess bei VW (und damit auch bei den MEB-Elektroautos der anderen Volkswagen-Konzernmarken wie Audi) deutlich komplizierter ist als bei Tesla. „Volkswagen liefert als einziger Volumenhersteller tiefgreifende Updates“, heißt es dazu vielleicht etwas entschuldigend in der Präsentation. Allerdings: Ulbrich sprach von insgesamt rund 140.000 Fahrzeugen, die aktuell mit der Software 2.1 die Voraussetzungen für die neuen Funk-Aktualisierungen hätten. Aber ist das wirklich die von VW behauptete „Demokratisierung“? Tesla hat allein im zweiten Quartal 2021 weltweit etwa 50 Prozent mehr Elektroautos ausgeliefert – und sie alle beherrschen natürlich OTA.
Auch sonst scheint es bei Volkswagen mit der Software-Verbesserung nicht so schnell voranzugehen, wie es geplant war. In diesem März meldete die Marke, mit der Software 2.1 komme jetzt die OTA-Fähigkeit auf neu produzierte ID.3 und ID.4, und ab diesem Sommer solle es dann Updates im Quartalsrhythmus geben. Jetzt aber sagte Ulbrich, „in die Breite“ werde VW mit Version 2.3 erst im dritten Quartal gehen, und auch das nicht auf einen Schlag, sondern „über Märkte oder Regionen gestaffelt“. Ein Update alle 12 Wochen sei das Ziel, wenn der Prozess dafür vollständig im Griff sei. Noch für dieses Jahr sei aber erst einmal nur ein weiteres Update „auf jeden Fall zu erwarten.“