Bild: Studie Mark One (Foto: Piech Automotive)
Auf Messen wie dem Genfer Autosalon sind Studien und Prototypen für spannende neue Modelle eigentlich nichts besonderes. Im Frühjahr 2019 bekam eines der dort vertretenen Start-ups trotzdem ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit – wohl mindestens so sehr wegen seiner Pläne wie wegen seines Gründers: Mit Anton Piech begab sich eines der 13 Kinder des früheren VW-Patriarchen Ferdinand Piech in die Welt seines Vaters und wollte ein sportliches Elektroauto mit einem Wunder-Akku auf den Markt bringen. Inzwischen sitzt auch der ehemalige VW-Konzernchef Matthias Müller im Verwaltungsrat von Piech Automotive. Und insbesondere von ihm kamen in einem Gruppen-Interview jetzt geradezu haarsträubende Aussagen.
Kein Wort mehr vom Wunder-Akku
Seit der Vorstellung in Genf sind fast zwei Jahre vergangen, und die Zeitung Welt fragte bei Piech, Müller und dem Vorstandsvorsitzenden Andreas Henke, ehemals Chef des Audio-Unternehmens Burmester, nach dem aktuellen Stand und Plänen. Von dem 2019 erwähnten Wunder-Akku war in dem Dreier-Gespräch keine Rede mehr. Schon kurz nach dem Autosalon wollte Piech mehr darüber verraten, doch weitere Informationen folgten bislang nicht. Die Batterie sollte von dem Zulieferer Desten kommen und sich in weniger als 5 Minuten bis 80 Prozent laden lassen.
Trotzdem erklärte Piech Automotive schon in Genf, die gezeigte Sportwagen-Studie sei modular ausgelegt, könne also nicht nur Elektroauto werden, sondern auch Verbrenner, Hybrid oder Wasserstoff-Fahrzeug. Den Widerspruch zum angeblichen Akku-Durchbruch erklärte der Technikvorstand damit, dass nicht klar sei, in welche Richtung sich die Autobranche entwickeln werde.
Ex-VW-Chef: Diesel sauberer als Elektroauto
Das Mantra von der Technologieoffenheit wird in Teilen der deutschen Industrie tatsächlich weiter gesungen. Trotzdem scheint ein klarer Trend in Richtung Elektroautos inzwischen unübersehbar – nicht aber für das jetzt interviewte Piech-Trio. Vielleicht am weitesten wagte sich der frühere Volkswagen-Chef Müller hervor: „Der moderne Diesel ist das sauberste Antriebskonzept und auch der Elektromobilität überlegen“, erklärte unwidersprochen der Manager, der sich zu Tesla lange abschätzig äußerte und im April 2018 vom heutigen VW-Konzernchef Herbert Diess abgelöst wurde.
Nicht ökologisch, sondern emotional argumentierte der Gründer selbst für Verbrennungsmotoren im Auto: Sie stünden für „diese brachiale Beziehung zwischen Mensch und Maschine“. Davon verabschiede sich die Branche gerade, weil „das Auto zum Handy wird“ – tatsächlich werden die Elektroautos von Tesla gern und nicht unpassend als fahrende Smartphone bezeichnet. Sein Unternehmen aber wolle eine Brücke schlagen und „Tugenden aus der Verbrenner-Ära“ am Leben erhalten.
Neuer Seitenhieb gegen Tesla
Vorstandschef Henke wollte Piech Automotive auf Nachfrage weder direkt mit Tesla noch mit Polestar aus China vergleichen. Jedes der geplanten Modelle aus dem eigenen Haus werde mindestens 150.000 Euro kosten, sagte er zum einen. Zum anderen erklärte er, besonders bei Piech sei der Fokus auf nachhaltige Mobilität. Zuerst werde man Autos mit Batterie-Elektromotoren anbieten, diese aber „eines Tages“ durch Wasserstoff-Antriebe oder Verbrennungsmotoren für E-Fuels zu ersetzen. „Das reduziert den CO2-Fußabdruck dramatisch“, behauptete Henke. Anders als der Rest der Autowelt will Piech also offenbar zuerst moderne Elektroautos bauen und später zurück zum, wenn auch angeblich sauberen, Verbrenner.
Müller wiederum ließ nicht die Gelegenheit an sich vorbeigehen, noch einmal Tesla zu kritisieren. Er habe großen Respekt für das, was bei Tesla und Polestar entstehe, sagte er zwar. Mit dem Polestar-Chef habe er lange zusammengearbeitet, und er solle für Volvo das obere Marktsegment bedienen. Tesla dagegen habe das Ziel, ein Massenhersteller zu werden, sagte Müller – das Volumen entwickle sich positiv, „die betriebswirtschaftliche Seite hinkt aber immer noch“.