Bild: @Herbert_Diess
Selbstbewusst berichtete am Freitag der Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess auf Twitter von einem Treffen mit Ralf Brandstätter, dem CEO für die Marke VW, und Top-Managern am Stammsitz Wolfsburg. Dabei sei es um den „kickoff“ für das Rennen gegen Tesla in Grünheide gegangen, schrieb er – „wir sind bereit!“. Wenig später erschien allerdings ein Bericht, laut dem die Veranstaltung eher ein Krisentreffen war als ein zuversichtlicher Startschuss.
Radikaler Umbau für VW-Stammsitz
Trinity werde Wolfsburg revolutionieren, schrieb CEO Diess auf Twitter noch, und sprach damit ein Projekt an, das laut Berichten zuvor Artemis bei Audi war und den internen Beinamen Tesla-Jäger hatte: ein flaches Elektroauto in der Passat-Klasse, das ab 2026 in dem Stammwerk produziert werden soll. Teil dieser Pläne ist der Umbau von Wolfsburg auf eine hochmoderne Produktion mit digitaler Automation und stark standardisierten physischen Komponenten – das Auto soll zum Software-Produkt werden.
Doch dieser Weg ist für Volkswagen offenbar noch lang und wurde nicht einmal konsequent angegangen, geht aus einem Bericht der Online-Publikation Business Insider über das Treffen von Diess und Brandstätter mit den VW-Führungskräften hervor. Wenn alles beim Alten bleibe, sei die Marke Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig, soll Diess gesagt haben. Der Standort Wolfsburg müsse laut dem Bericht stärker umgebaut werden als bislang geplant, einschließlich Abriss und Neubau von manchen Teilen.
Met with Ralf Brandstätter & our top managers in Wolfsburg to kickoff the race against Tesla in Grünheide. We‘re ready! Trinity will revolutionize Wolfsburg. pic.twitter.com/mcpu3JyLQJ
— Herbert Diess (@Herbert_Diess) October 1, 2021
Konkret scheint die VW-Spitze mit großer Sorge auf die entstehende Gigafactory von Tesla in Grünheide bei Berlin zu blicken, die noch in diesem Jahr in Betrieb gehen könne. Der erste Versuch von Tesla-CEO Elon Musk mit Extrem-Automation beim Model 3 in Fremont war noch gescheitert, doch die neue Gigafactory in China übertrifft das Stammwerk bereits in der Produktion. Für Model Y aus Grünheide sollen laut Musk 600 Roboter weniger gebraucht werden als für das Model 3 – aber nicht, weil er weiter auf das menschliche Element setzt, sondern weil Giga-Pressen den vorderen und den hinteren Teil des Fahrzeug-Rahmens an einem Stück auswerfen.
Tesla produziert viel schneller
Schon mit seinen neuerdings aus China exportierten Elektroautos einschließlich des Model Y macht der Pionier aus den USA Volkswagen in der europäischen Heimat Probleme. In Norwegen etwa betrug der Marktanteil von Tesla im ganzen dritten Quartal dieses Jahres 23,5 Prozent, der von VW nur 10,3 Prozent. Selbst in der Konzern-Betrachtung mit zusätzlich Audi, Porsche und Skoda konnte sich Volkswagen nur leicht vor Tesla setzen. Und in China soll die deutsche Marke zwar den Verkauf ihrer ID-Elektroautos im September auf knapp über 10.000 merklich gesteigert haben, aber die Modelle von Tesla und mehreren chinesischen Startups sind deutlich gefragter.
Von „Alarmstimmung“ bei dem Treffen in Wolfsburg berichtet deshalb Business Insider. VW-CEO Brandstätter soll von brutalem Wettbewerb mit Tesla gesprochen, wenn die Produktion in der deutschen Gigafactory beginne. Der Konkurrent setze neue Maßstäbe in der Auto-Produktion. Der Bau eines Tesla Model 3 dauere zehn Stunden, VW brauche für einen ID.3 in Zwickau drei Tage. Wenn man Deutschland herausrechne, habe die Marke in der EU inzwischen kein einziges Fahrzeug mehr in den Top-10. Diess verlangte laut dem Bericht vor diesem Hintergrund von Trinity und Wolfsburg tatsächlich nicht weniger als eine „Revolution“.