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Ein guter Teil der bekannten Talk-Show von Markus Lanz im ZDF gehörte am Mittwochabend dem Thema Elektromobilität. Einziger Gast dazu direkt vom Fach war der Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess, und mit ihm diskutierten die Bau-Professorin Lamia Messari-Becker sowie der Autor Frank Schätzing, der nach anderen Bestsellern zuletzt ein Klima-Buch geschrieben hat. Dabei zeigten sich Messari-Becker und Schätzing einig in ihrer Ablehnung von Elektroautos als „Monotechnologie“ zur Verringerung von Emissionen im Verkehr. Diess dagegen verteidigte sie – und ließ erstmals wissen, dass Volkswagen CO2-Zertifikate von Tesla gekauft hat.
VW-Chef gegen Elektroauto-Skeptiker
Der Elektroauto-Skeptiker mit den größeren Redeanteilen in der Lanz-Sendung war Schätzing. Er führte auch den Begriff der „Monotechnologie“ dafür ein. Mit so etwas ein globales Problem zu lösen, gehe „eigentlich immer in die Hose“, behauptete er. „Wir brauchen eine Multitechnologie“, sagte der Autor, bestehend aus Elektroautos, Biokraftstoffen und „auch in einem gewissen Segment Wasserstoff“. Die Bau-Ingenieurin Messari-Becker, Professorin an der Universität Siegen und früher Mitglied des deutschen Umwelt-Sachverständigenrates, schloss sich ihm weitgehend an und verwendete dabei auch das offenbar von Schätzing erfundene Mono-Wort.
Diess dagegen versuchte geduldig, aber gegen Ende mit erkennbarem Amüsement über Schätzings Ausführungen, zu erklären, warum er mit Tesla-CEO Elon Musk der Meinung ist, dass Wasserstoff im Straßenverkehr (einschließlich Lastwagen) nichts zu suchen hat: Die Verstromung dieses Gas in einer Brennstoffzelle sei schlicht energetisch zu ineffizient und deshalb wirtschaftlich zu teuer. Im Vergleich zu Batterie-Elektroautos würden Brennstoffzellen-Fahrzeuge beim Fahren dreimal so viel Energie benötigen – das rechne sich auch dann nicht, wenn der Wasserstoff in sonnigen Regionen hergestellt werden, sagte Diess. Abgesehen davon brauche man für Autos mit Brennstoffzelle eine völlig neue teure Tank-Infrastruktur, die wohl niemand mit der Aussicht aufbauen werde, dass sie nach wenigen Jahren nicht mehr gebraucht wird.
Ähnlich ins Kreuzfeuer, in diesem Fall angeführt vom Moderator und vom Autor nicht unterstützt, geriet der VW-Konzernchef beim verwandten Thema CO2-Zertifikate. Hier wollte Lanz auf Tesla hinaus, das mit dem Verkauf von nicht genutzten Emissionsrechten an Autohersteller mit zu hohem CO2-Flottenwert im vergangenen Jahr Einnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar erzielt hat. Ob das nicht eine Mogelpackung sei, fragte der Moderator suggestiv. Schätzing widersprach, aber Lanz machte weiter: „Das ist doch wie Ablasshandel, ich verpeste immer weiter und kaufe bei Musk immer mehr und kaufe mich frei. In Wirklichkeit ist Tesla doch ein CO2-Händler mit angeschlossenem Auto-Bau“, erklärte er sinngemäß.
Zertifikate-Kauf bei Tesla bestätigt
Auch dazu hatte Diess eine nüchternere Perspektive anzubieten, und verteidigte dabei sowohl Tesla als auch das eigene Unternehmen. Tesla habe viele Jahre kein Geld verdient, sei aber heute hochprofitabel, sagte der VW-Chef – und „der Zertifikate-Handel hat erlaubt, dass man eine Technologie, die am Anfang klein war, skaliert und wettbewerbsfähig gemacht hat“. Aus Sicht der Käufer geht die Praxis laut Diess ebenfalls in Ordnung: Sie sei für manche Hersteller eine Strategie, um eine Überbrückung bis zu späteren eigenen Elektroautos zu schaffen.
Erstmals verriet der Konzern-Chef bei dieser Gelegenheit zudem, dass Volkswagen selbst zu den CO2-Kunden von Tesla zählte. „Auch wir haben in den USA Tesla-Zertifikate eingesetzt“, sagte er, ohne ein Volumen zu nennen. Teil des Tesla-Pools in der EU war VW 2020 dagegen nicht – dabei hätten sich damit vielleicht die Strafzahlungen für zu hohe Flotten-Emissionen vermeiden lassen, die der Finanzvorstand kurz vor Jahresende mit voraussichtlich „ein paar hundert Millionen“ bezifferte. Die nächste Gelegenheit für VW, mit Hilfe von Tesla die eigene CO2-Bilanz regelkonform zu machen, könnte sich jedenfalls in China bieten: Hier hat der deutsche Hersteller nach Berichten für 2020 noch großen Kompensationsbedarf – und Tesla als Elektrouto-Marktführer mehr Guthaben abzugeben als jeder andere.