Bild: Tesla (Symbolfoto)
Mehrere Kanzleien und andere Dienstleister berichten seit einiger Zeit über einen Formfehler, der für Tesla teure Folgen haben könnte – und für Kunden vorteilhafte. Bis in diesen April fehlte nach ihren Angaben in der Widerruf-Belehrung eine Telefon-Nummer, was zur Folge hatte, dass sich die 14-Tage-Frist für eine Rückgabe bei Tesla-Käufen via Internet oder Telefon um ein volles Jahr verlängerte. Mehrere hundert deutsche Kunden versuchen laut Juristen tatsächlich, diese Lücke auszunutzen, zumal gute Aussichten darauf bestehen sollen, dass der volle Kaufpreis erstattet wird. Und ein neues Urteil soll das jetzt bestätigen.
Tesla-Gegenwehr mit vielen Mitteln
Wohl zuerst entdeckt hat die verlängerte Widerruf-Möglichkeit der Düsseldorfer Anwalt Matthias Böse, nach eigenen Angaben selbst ein nicht unzufriedener Tesla-Kunde, der sich aber auch bereitwillig wehrt und andere dazu animiert. Wie er im April erklärte, entsteht die Lücke dadurch, dass ein Unternehmen, das wie Tesla per Telefon verkauft, über dasselbe Medium auch Widerrufe entgegennehmen muss. Diese Information fehlte in der vorgeschriebenen Belehrung jedoch, wodurch sich die Frist um ein Jahr verlängerte.
Ohne Einschränkungen gilt das laut Böse nur für private Kunden, die ihren Tesla online oder per Telefon direkt gekauft (also nicht finanziert oder geleast) und nicht unmittelbar vorher probegefahren haben. Insgesamt kamen wohl trotzdem mehrere zehntausend Elektroautos, die seit Anfang 2022 gekauft wurden, für eine verspätete Rückgabe in Frage. Der Anwalt sah ein „massives Problem“ auf Tesla zukommen und sagte voraus, dass sich das Unternehmen mit allen juristischen Mitteln gegen späte Widerrufe ohne Entschädigung wehren werde.
Die Prognose ist nach der Darstellung auf seiner Website eingetreten. So erreichte Böse in der Angelegenheit Ende Juni ein erstes Versäumnis-Urteil, das als solches allerdings noch keine abschließende Entscheidung darstelle und von dem Unternehmen mit einem Einspruch angefochten werde. In direktem Kontakt mit Kunden soll Tesla in manchen Fällen die Annahme des nicht mehr gewünschten Elektroautos nach Widerruf verweigert haben und in anderen Fälle hohe Wertersatz-Abzüge angedroht oder berechnet haben.
Volle Rückzahlung, sofort vollstreckbar
Nicht nur Böse sieht diese Forderung unter den konkreten Umständen als grundsätzlich unberechtigt an und geht für seine Mandaten dagegen vor. Und die mit ihm kooperierende Inkasso-Firma kedapro, die unter der Marke kleinfee auch Geld für andere Tesla-Verfehlungen in Aussicht stellt, hat in der Widerruf-Frage nach eigenen Angaben jetzt einen weiteren juristischen Sieg erstritten: Das Landgericht Düsseldorf habe entschieden, dass Tesla in einem der Fälle den vollen Kaufpreis plus Zinsen und Rechtskosten zurückzahlen muss.
Auch dabei handelt es sich laut einer Presse-Mitteilung lediglich um ein Versäumnis-Urteil, weil Tesla sich in dem Prozess nicht rechtzeitig verteidigt habe. Doch das Gericht habe die entscheidende Rechtsfrage dafür vollständig prüfen müssen. Zudem sei das Urteil sofort vollstreckbar, selbst wenn Tesla es nicht hinnehme. Ob das Unternehmen mit Rechtsbehelfen riskiere, dass es von einer höheren Instanz bestätigt werde, ist laut kedapro eine offene Frage. Doch für den Kläger und andere Betroffene sei das Urteil ein wichtiger Schritt nach vorn.