Passend zu seiner Bezeichnung ist das Phänomen etwas nebulös: Auch europäische Tesla-Fahrer klagen schon länger darüber, dass ihre Elektroautos unter Tempomat-Steuerung durch das Autopilot-System manchmal ohne erkennbaren Anlass abrupt bremsen. Wie häufig das vorkommt, scheint stark von den individuellen Umständen abzuhängen, aber es reichte aus, um dafür den Ausdruck „Phantom-Bremsung“ entstehen zu lassen. In den USA gibt es seit diesem Jahr sogar einen steilen Anstieg der Beschwerden über solche Fälle bei neuen Model 3 und Model Y, weshalb die Verkehrsbehörde NHTSA eine Voruntersuchung eingeleitet hat. Aber das Phänomen ist nicht auf Tesla beschränkt.
Honda-Bremsungen mit sechs Unfällen
Bei zwei Modellen von Honda soll es dadurch sogar zu sechs Unfällen mit kleineren Verletzungen gekommen sein, geht aus einem Dokument hervor, das die NHTSA in dieser Woche veröffentlichte. Darin wird zwar anders als bei der Information über die Tesla-Voruntersuchung aus der Vorwoche nicht der Phantom-Ausdruck zitiert, aber wohl das gleiche Verhalten beschrieben: Man habe 278 Beschwerden wegen unerwünschter und teils starker Bremsungen des Systems zur Kollisionsvermeidung erhalten, teilte die Behörde jetzt mit.
Wie zuvor bei Tesla leitete sie deshalb eine Voruntersuchung (Preliminary Investigation) ein. Sie ist der erste Schritt in einem Verfahren, das in einem freiwilligen oder sogar von der NHTSA angeordneten Rückruf enden kann. Bei Honda betrifft sie CR-V aus den Modell-Jahren 2017 bis 2019 und Accord (s. Foto oben) von 2018 und 2019 – insgesamt geschätzte 1,73 Millionen Stück und damit viel mehr als die 416.000 Model 3 und Model Y von Tesla. Hier hatte die Behörde 354 Beschwerden wegen Phantom-Bremsungen gemeldet, aber keine Unfälle.
Bei Tesla Häufung in letzten Wochen
Stärker als bei Honda fällt bei Tesla auf, dass sich die Phantom-Beschwerden auf die letzten Wochen konzentrieren. In den drei Monaten bis Januar 2022 waren es nach Berichten etwa 100 und damit bereits viel mehr als zuvor. Als teslamag.de Anfang Februar nachzählte, waren in wenigen Tagen mehr als 100 weitere eingegangen, fast alle zu neuen Model 3 und Model Y. Mitte des Monats kam dann die Nachricht von der NHTSA-Voruntersuchung wegen insgesamt 354 Beschwerden bei diesen beiden Teslas.
Nach den von der NHTSA genannten Modell-Jahren 2021 und 2022 geht es in dem Verfahren nur um Model 3 und Model Y, die ohne Radar für das Autopilot-System ausgeliefert wurden. Das begann aber schon im Mai 2021, also etwa ein halbes Jahr, bevor die Beschwerden-Welle einsetzte. Auch beim Honda Accord 2019 betreffen die jüngsten acht Verbraucher-Beschwerden bei der Behörde unerwünschtes Bremsen, eine so starke Häufung wie zuletzt bei Tesla aber war nicht festzustellen.