Bild: Tesla
Der deutsche Verein Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main, der sich selbst etwas handlicher Wettbewerbszentrale nennt, hat in einer Klage gegen Tesla wegen Aussagen zum Autopilot-System vollumfänglich Recht bekommen. Das ist so weit klar und wurde schon am vergangenen Dienstag bekannt. Offen dagegen blieb zunächst, was genau das für Tesla und sein System für (zukünftig) autonomes Fahren bedeutet. Und wie teslamag.de in Münchener Justiz-Kreisen erklärt wurde, könnte Tesla die Angelegenheit mit ein paar zusätzlichen Erläuterungen wohl aus der Welt schaffen – und muss 300 Euro an die Kläger bezahlen.
Tesla kann 4 Wochen prüfen
Mitglieder der Wettbewerbszentrale sind laut ihrer Website 1200 Unternehmen von klein bis groß und dazu 800 Kammern und Verbände – dass auch alle drei deutschen Autokonzerne dabei sind, sorgte angesichts der Tesla-Klage für hochgezogene Augenbrauen. Der Verein bezeichnet sich als unabhängige Kontrollinstanz für sauberen Wettbewerb ohne Lobby-Funktion. Die Klage gegen Tesla zur Unterlassung bestimmter Autopilot-Aussagen einschließlich der Bezeichnung selbst und des Werbens mit „volles Potenzial für autonomes Fahren“ hatte er im vergangenen Herbst vor dem Münchener Landgericht eingereicht, das vergangene Woche gegen Tesla entschied.
Zunächst einmal bedeutet das: gar nichts. Denn erst muss Tesla das Urteil förmlich zugestellt werden und dann bleiben 4 Wochen Frist, um dagegen in Berufung zu gehen, wie es nach der ersten Instanz meist möglich ist. Vor Mitte August wird das Urteil also nicht rechtskräftig, es sei denn, Tesla verzichtet auf die Berufung. Das ist einerseits unwahrscheinlich, denn CEO Elon Musk hatte sich kurz nach dem Bekanntwerden auf Twitter empört darüber gezeigt (und die vielleicht nicht gut passende Frage gestellt, was denn dann mit „Autobahn“ sei).
Tesla Autopilot was literally named after the term used in aviation. Also, what about Autobahn!?
— Elon Musk (@elonmusk) July 14, 2020
Auf der anderen Seite scheint es noch eine Möglichkeit für Tesla zu geben, sich relativ billig und vor allem unauffällig aus der Autopilot-Affäre zu ziehen, die nicht nur in Deutschland größtenteils negative Aufmerksamkeit bedeutet. Dazu müsste Tesla zum einen 299,50 Euro an die Wettbewerbszentrale (plus Verzugszinsen) überweisen – so steht es im Urteil, denn vor der Klage hatte der Verein Tesla abgemahnt, und die Kosten dafür wurden als zu Recht erhoben anerkannt.
Bei Tesla fehlen Sternchen
Und wenn Tesla pragmatisch vorgeht, dann könnte das auch schon fast der ganze finanzielle Schaden gewesen sein. Denn man könnte die kurze Pressemitteilung zu dem Urteil zwar so lesen, dass Tesla nicht einmal mehr das Wort Autopilot selbst verwenden und auch nicht mehr von autonomem Fahren sprechen darf. In letzter Konsequenz könnte das auch für CEO Musk auf Twitter gelten, weil man die Nachrichten dort auch in Deutschland lesen kann. Tatsächlich richtete sich die Klage gegen „Werbeaussagen“ von Tesla. Aber das umfasst keineswegs nur Werbung im engen Sinn, sondern in einer weiten Auslegung auch das, was ein von vielen Deutschen beobachteter CEO öffentlich schreibt.
Doch die über den Prozess in München informierte Person hatte auch gute Nachrichten für Tesla: Im Wettbewerbsrecht komme es stets auf den Kontext an, in dem Aussagen stehen – und in dem Verfahren ging es um Texte direkt vor dem Online-Kauf, für die besonders hohe Anforderungen gelten. Wie andere Produkt-Verkäufer hatte Tesla auf seiner Bestell-Website in großer Schrift mit den Fähigkeiten von Autopilot und zukünftigem autonomem Fahren geworben und merklich kleiner auf die Einschränkungen hingewiesen.
Die Hinweise könne man gar nicht sehen, ohne zu scrollen, hatte die Wettbewerbszentrale bemängelt. Das Gericht wollte diesen Teil nicht beurteilen, fand das aber auch gar nicht nötig, weil die Hinweise ohnehin nicht zur Aufklärung einer „etwaigen Irreführung“ (die es für die Tesla-Hauptaussagen festgestellt hatte) geeignet gewesen seien: Dem Autopilot-Kleingedruckten fehle nicht nur möglicherweise ein „Sternchenhinweis“ zur leichteren Kenntnisnahme, sondern er genüge rein inhaltlich nicht den „Anforderungen hinreichender Klarheit und Transparenz“.
Nebulöse Tesla-Hinweise zu Autopilot
Tatsächlich hatte Tesla nach den beigelegten Klage-Screenshots im Juli 2019 ein ziemliches Wort-Kuddelmuddel auf seinen deutschen Bestell-Seiten angerichtet, das laut dem Gericht einiges „im Dunklen“ lässt. Ein Element davon ist schlicht ein Übersetzungsfehler: Auf Englisch schränkt Tesla (seit einiger Zeit) ein, die Zulassung neuer Autopilot-Funktionen könne in bestimmten „jurisdictions“ länger dauern – das müsste hier „Rechtsgebiete“ heißen, wurde aber bei Tesla mit „Rechtsprechung“ übersetzt, sodass das Gericht die ganze Aussage als sachlich falsch bemängelte.
Aber das sind Kleinigkeiten, deren Behebung einschließlich eines Sternchen hinter „Autopilot inklusive“ Tesla kaum mehr als die 300 Euro für die Abmahnung kosten dürften. Kühl kalkulierende Fans werden hoffen, dass sich Tesla-CEO Musk nicht zu einem Prinzipien-Streit hinreissen lässt.