Bild: Tesla (Gigafactory-Beschäftigte bei Erreichen von 4000 Model Y pro Woche)
Der Betriebsrat in der deutschen Tesla-Fabrik in Grünheide wurde bislang als zahm wahrgenommen, weil er zu einer Zeit gewählt wurde, zu der die Belegschaft noch überproportional aus Fachkräften statt einfacher Beschäftigter bestand – eine knappe Mehrheit sicherte sich die Liste Gigavoice, zu der viele Teamleiter und Supervisor bei Tesla gehörten. Jetzt aber will das Gremium dieses Image offenbar loswerden: Laut einem Bericht hat der Betriebsrat in Grünheide höhere Löhne und Leistungen als bei den Größen der deutschen Auto-Industrie verlangt.
Tesla-Betriebsrat mit langen Wunschlisten
Aus Sicht der Gewerkschaft IG Metall sei der Tesla-Betriebsrat sogar „der verlängerte Arm von Elon Musks Managern in Deutschland“, schreibt die Publikation Business Insider (BI) in einem Bericht von diesem Mittwoch. Das hätten Mitglieder des Gremiums aber zurückgewiesen. Mit der frühen Wahl habe man der Gewerkschaft zuvorkommen wollen, denn deren Initiative sei als aggressiver Akt von außen empfunden worden. Die Betriebsratswahl bei Tesla fand im März 2022 statt, kurz vor dem offiziellen Produktionsstart, als die deutsche Gigafactory nur rund 2500 Beschäftigte hatte.
Laut dem BI-Bericht will der Betriebsrat die Belegschaft jetzt mit Taten davon überzeugen, dass er wirklich unabhängig ist. Zuletzt habe das Gremium lange Wunschlisten an das Tesla-Management übermittelt, sei zu erfahren gewesen. Darin gehe es unter anderem um die Höhe der Vergütung: Der Betriebsrat verlange von der Führung „bessere Löhne und Leistungen als bei BMW, Porsche und Mercedes“. Er wolle die Tariflöhne übertreffen, die bei der Tesla-Konkurrenz im Westen und Süden Deutschlands bezahlt werden.
Der Publikation liegen nach eigenen Angaben Arbeitsverträge von Tesla-Beschäftigten am Band vor, laut denen sie als Einstiegsgehalt rund 2600 Euro brutto verdienen. Das sei bereits mehr als nach Tarif in Baden-Württemberg, wo ab 1. Juni mindestens 2552,50 Euro bezahlt würden. Aber bei Tesla sollen anders als im Rest der deutschen Auto-Industrie keine zusätzlichen Leistungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld hinzukommen. Außerdem hätten sowohl Mercedes als auch Porsche allen Beschäftigten in diesem Jahr einen Bonus von jeweils mehreren tausend Euro bezahlt.
Hoher Feiertag-Zuschlag in Gigafactory
Bei Tesla kommen zum Gehalt Aktien-Optionen hinzu, die aber laut BI erst nach drei Jahren im Unternehmen eingelöst werden können. Insgesamt gesehen sei es „der wohl am schlechtesten zahlende Autohersteller in Deutschland“, schreibt die Publikation. Ein Informant habe aber beteuert, dass man daran arbeite; zudem seien die Tesla-Gehälter auf Wirken des Betriebsrat hin bereits um 6 Prozent angehoben worden, und das Unternehmen habe eine Inflationsprämie von 1500 Euro (steuerfrei möglich waren bis zu 3000 Euro) gezahlt. Außerdem soll es inzwischen eine Betriebsvereinbarung mit Zuschlägen für Nacht- und Wochenendarbeit in der Produktion geben – an Feiertagen in der Höhe von 225 Prozent.
Über eine ähnliche Vereinbarung für nicht-produzierendes Fachpersonal wird laut dem Bericht derzeit verhandelt. Der Betriebsrat arbeite konstruktiv mit der Geschäftsführung zusammen, wolle aber auch „Stachel im Fleisch“ sein und die Führung dauerhaft unter Druck setzen, wird ein Insider zitiert, beispielsweise mit der Forderung nach den höchsten statt niedrigsten Auto-Löhnen in Deutschland. Einige Beschäftigte sollen diese Aktivitäten allerdings eher als Versuch sehen, der IG Metall vor der im kommenden Jahr anstehenden Neuwahl des Tesla-Betriebsrats „mit vollmundigen Wahlversprechen“ Stimmen abzunehmen.