Bild: Nikola (Archiv)
Seit das Nutzfahrzeug-Startup Nikola in diesem Sommer durch eine umgekehrte Übernahme an die Börse ging und dort zunächst gut ankam, steht es unter besonderer Beobachtung durch kritische Tesla-Fans. Denn der Nikola-Gründer Trevor Milton bediente sich nicht nur wie das Unternehmen von Elon Musk des Namens von Nikola Tesla, er stellte sich auch auf eine Stufe mit dem Elektroauto-Pionier und spottete über das Aussehen von dessen Cybertruck. Gleichzeitig hat er aber trotz jahrelanger Aktivität anders als Tesla und Musk bislang nichts Konkretes vorzuweisen. Durch eine weit reichende Kooperation mit General Motors schien sich das zwischendurch ändern zu können. Jetzt aber hat sich Gründer Milton inmitten schwerer Vorwürfe erst einmal aus dem Nikola-Board zurückgezogen.
Tesla-Fans auf Leerverkäufer-Seite
Über seinen Rücktritt als Executive Chairman und Mitglied des Boards informierte Milton selbst am Montag in einer Twitter-Nachricht. Er sei stolz, dass aus seinem Keller-Startup ein Unternehmen mit 400 vielfältigen Familien hervorgegangen sei, schrieb er in seinen üblichen salbungsvollen Worten, die ihm nicht jeder abnimmt. Weil es um das Unternehmen und seine weltverändernde Mission gehe und nicht um ihn, habe er das Nikola-Board gebeten, ihn gehen zu lassen. Er selbst wolle sich jetzt gegen „falsche Anschuldigungen wehren, die von externen Gegnern gegen mich vorgebracht werden“.
Anschuldigungen gegen Nikola und Milton, ob falsch oder nicht, gibt es tatsächlich viele. In einem interessanten Rollen-Wechsel hatten Tesla-Fans, die zusammen mit CEO Elon Musk sonst das Treiben von Leerverkäufern an der Börse gern als bösartig brandmarken, vollmundige Behauptungen des Rivalen hinterfragt. Als dann ein Leerverkäufer-Haus mit einer vernichtenden Studie über Nikola herauskam, waren manche von ihnen hocherfreut, denn damit erreichte ihre Kritik eine breitere Öffentlichkeit und wurde mit neuen Fakten unterfüttert. In einer Reaktion wollte Nikola die Haltlosigkeit der Vorwürfe belegen, räumte aber zum Beispiel ein, dass ein Lastwagen mit angeblichem Brennstoffzellen-Antrieb in einem Video von 2017 nur einen Berg hinuntergerollt war.
https://twitter.com/nikolatrevor/status/1307927801966866438
In der Studie nahmen sich die Negativ-Spekulanten von Hindenburg Research nicht nur das Unternehmen vor, sondern auch Gründer Milton; dazu erklärte Nikola, er sei ja nicht mehr CEO, sodass die persönlichen Vorwürfe irrelevant seien. Auf Twitter aber stieß dieser Aspekt auf großes Interesse. So soll Milton einen früheren Freund ins Gefängnis gebracht haben, weil der angeblich drohte, rufschädigende Informationen über seinen Umgang mit Frauen zu veröffentlichen. Später tötete er sich selbst, aber ein Freund von ihm veröffentlichte jetzt auf Twitter SMS-Nachrichten, die Milton mit einer Freundin ausgetauscht haben soll. Darin versucht der Nikola-Gründer, das Model zur Teilnahme an einer Porno-Produktion zu bewegen. Bei einer anderen Freundin soll er versucht haben, sie zu bezahltem Sex mit einem Unbekannten zu überreden.
Because my dear friend Jonny isn’t here to defend himself. I would have never shared these but you forced my hand @nikolatrevor – stop lying. own up pic.twitter.com/xa7f8Nw0xS
— David Bateman (@davidbateman) September 19, 2020
Beides ist vermutlich nicht verboten, wirft aber kein gutes Licht auf Milton – wenn die Nachrichten authentisch sind. Nach seinem Rücktritt hat er jetzt mehr Zeit, sich wie angekündigt gegen alle Vorwürfe zu wehren. Genügend Geld dafür hat er ebenfalls, denn er besitzt laut der Financial Times Nikola-Aktien im Wert von zuletzt 3 Milliarden Dollar (am Montag nach US-Handelsschluss waren es aber schon 20 Prozent weniger). Neuer Nikola-Chairman soll Stephen Girsky werden, ein früherer Manager des neuen Partners General Motors.