Kurz sah es so aus, als wäre das zumindest unter Tesla-Fans umstrittene Elektroauto-Startup Nikola über einen raffinierten Umweg tatsächlich schon in der großen Auto-Welt angekommen. An diesem Dienstag gab es eine Partnerschaft mit General Motors zur Produktion des geplanten Elektro-Pickups Badger und von elektrischen Lastwagen bekannt, die auf den ersten Blick vorteilhaft aussah. Die Aktie von Nikola reagierte mit einem steilen Anstieg, doch der währte nur einen Tag. Am Freitag ging es um weitere 14,5 Prozent nach unten. Denn ein Leerverkäufer-Haus veröffentlichte eine vernichtende Studie über das Unternehmen – und Tesla-Fans, die solche Short-Aktivitäten sonst grundsätzlich ablehnen, zeigten sich erfreut.
Tesla-Fans misstrauen Nikola
Die Zahl der leerverkauften Aktien von Tesla nimmt seit Monaten ab, aber das Volumen steigt trotzdem, weil die Aktie noch schneller zulegt. Jeder kräftige Anstieg bei Tesla, von denen es allein in diesem Jahr viele gab, wird von manchen Fans und Aktionären auch als Sieg über die Leerverkäufer gefeiert. Dabei haben sie die Unterstützung von CEO Elon Musk, der schon länger keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen Short-Geschäfte und die Personen dahinter macht.
Was dagegen jetzt Hindenburg Research über das Unternehmen zu sagen hatte, das wohl nicht zufällig den Vornamen des Tesla-Namensgebers Nikola Tesla trägt, kam auf Twitter gut an. Schon vorher hatte sich dort ein harter Kern von Tesla-Freunden an Nikola und dessen Gründer Trevor Milton abgearbeitet. Der vergleicht sich gern mit Musk und Tesla und sieht sich auf derselben Mission. Auch auf Twitter ist er fast genau so aktiv – zeigt dort aber eine Neigung, Nutzer selbst wegen sachlich-kritischer Nachfragen zu blockieren.
https://twitter.com/vincent13031925/status/1304471289944354817
Leerverkäufer leben auch davon, ihre negativen Meinungen zu verbreiten, damit andere die jeweils anvisierte Aktie ebenfalls verkaufen und so für die erhofft fallenden Kurse sorgen. Und wenn es keine echten schlechten Nachrichten gibt, erfinden sie welche. Das jedenfalls ist der Vorwurf, der ihnen nicht nur von Tesla sowie seinem CEO und Anhängern gemacht wird, sondern auch von anderen Unternehmen – zum Beispiel von dem deutschen Fintech Wirecard, das dann doch als riesiger Betrugsfall aufflog. Kurz gesagt können Leerverkäufer genau wie normale Aktien-Käufer und -Analysten Recht haben oder auch nicht, böse sein und falsch liegen müssen sie allein aufgrund ihrer Ausrichtung nicht.
Daran könnten sich jetzt auch Tesla-Fans und vielleicht sogar CEO Musk erinnert fühlen. „Nikola: Wie man aus einem Meer von Lügen eine Partnerschaft mit dem größten Auto-Hersteller der USA macht“, lautet der Titel der Hindenburg-Studie mit Datum von diesem Donnerstag, also kurz nach der GM-Ankündigung. Nikola sei ein „raffinierter Betrug“ auf der Grundlage von Dutzenden Lügen des Gründers Milton, heißt es darin, was zum Teil mit neuen Belegen und zum mit Recherchen anderer belegt wird. So war Tesla-nahen Twitteren schon vorher aufgefallen, dass nach einer Spatenstich-Feier für eine Nikola-Fabrik Ende Juli kaum etwas geschah.
Tesla-Leerverkäufer schließt sich an
Der wohl konkreteste neue Vorwurf: Die Vorführung des Nikola One in einem Video sei eine gezielte Irreführung gewesen. Der Brennstoffzellen-Lastwagen ohne den Antrieb sei 2018 auf einen Berg gezogen worden, von dem er dann für das Video herunterrollte. Das habe eine Untersuchung des Standort ergeben und werde auch von Text-Nachrichten eines früheren Mitarbeiters belegt. Nikola-Gründer Milton setzte sich auf Twitter zur Wehr und kündigte zunächst an, eine detaillierte Gegendarstellung abzuliefern. Später erklärte er dann, die Angelegenheit Anwälten übergeben und die Börsen-Aufsicht SEC eingeschaltet zu haben.
Der Negativ-Studie von Hindenburg schloss sich später zudem ein weiteres Leerverkäufer-Haus an, das auch schon mit Tesla zu tun hatte: Citron Research, das 2018 seine bis dahin skeptische Tesla-Haltung aufgegeben hatte und auf die Käufer-Seite gewechselt war. In diesem Februar allerdings erklärte Citron, der Tesla-Kurs sei jetzt so hoch, dass selbst Elon Musk mit Leerverkäufen beginnen würde, und wechselte erneut die Position.