Bild: Mercedes
Noch ist es der Vision EQXX ein Prototyp, aber vieles davon soll in ein späteres Serien-Elektroauto einfließen, und das könnte interessant werden: Im Sommer 2021 sprach Mercedes erstmals von einem Konzept mit 1000 Kilometern realer Reichweite, das dann Anfang dieses Jahres präsentiert wurde. Und jetzt meldete das Unternehmen die Ergebnisse eines Tests auf öffentlichen Straßen: Die 1000 Kilometer mit einer Akku-Ladung wurden – auch dank eines kleinen Tricks – locker überschritten, und der Verbrauch betrug nur 8,7 Kilowattstunden pro 100 Kilometer.
Effizienz bringt enorme Reichweite
Der angestrebte Verbrauch von weniger als 10 Kilowattstunden mache den Vision EQXX so effizient wie ein konventionelles 1-Liter-Auto, sagte der Mercedes-Entwicklungsvorstand bei der Vorstellung in diesem Januar. Bei dem Test kam jetzt sogar merklich weniger als ein Liter heraus: Laut Mercedes legte der Elektroauto-Prototyp insgesamt 1008 Kilometer einschließlich Autobahn- und Berg-Etappen von Sindelfingen über die Alpen bis an die Cote d’Azur zurück, und am Ende wurden noch 140 Kilometer Rest-Reichweite angezeigt. Die Akku-Kapazität beträgt nach den Angaben 100 Kilowattstunden.
Mit ungefähr gleich viel Kapazität in einem Tesla Model S 100D war die Elektroauto-Vermietung nextmove in 2018 schon einmal ungefähr genau so weit gekommen wie jetzt der EQXX-Prototyp, allerdings war das auch eine echte Schleichfahrt im Kreis. Der Mercedes dagegen fuhr laut einer Mitteilung von Donnerstag bis zu 140 km/h schnell sowie Berge hinauf und hinunter. Das Durchschnittstempo erreichte so 87,4 km/h gegenüber den 38 km/h beim nextmove-Hypermiling mit dem Tesla Model S.
Bei Mercedes sorgen nach den Angaben Aerodynamik, mäßiges Gewicht und effiziente Komponenten dafür, dass der Vision EQXX auch auf normalen Strecken die 1000 Kilometer locker übertrifft. So ist das Elektroauto vorn breiter als hinten, und das ohnehin lange Heck kann mit einem ausfahrbaren Diffusor noch verlängert werden. Außerdem wiegt das Auto trotz großem Akku nur 1755 Kilogramm, auch dank besonders leichten Zellen von CATL. Und der aus Motor, Getriebe und Leistungselektronik bestehende Antriebsstrang hat laut Mercedes einen mittleren Wirkungsgrad von 95 Prozent. Dadurch könne auf eine aktive Kühlung meist verzichtet werden.
Serien-Elektroauto mit EQXX-Elementen
Das alles wäre mäßig interessant, wenn Mercedes nicht schon zuvor angekündigt hätte, dass der EQXX-Prototyp bei Gestaltung und Größe einem Serien-Elektroauto ähnelt, das 2024 vorgestellt werden soll. Nach Berichten soll es unterhalb des E-Klasse-Pendants EQE antreten, also wohl in der C-Klasse und damit dem Segment des Tesla Model 3. Schon mit dem EQS hat Mercedes das Tesla Model S bei der Reichweite übertroffen (zumindest nach der europäischen Norm WLTP), allerdings mit einem größeren Akku. Mit dem Mittelklasse-Elektroauto könnte das, wenn die meisten Effizienz-Maßnahmen auch in Serie kommen, sogar mit weniger Kapazität gelingen.
Fraglich ist das zum Beispiel für die 117 Solarzellen, die laut Mercedes im Dach des Vision EQXX stecken. Die liefern offenbar auch beim Fahren Strom für die 12-Volt-Batterie, sodass diese Nebenverbraucher wie das Navigationssystem ohne Zugriff auf den Fahrakku versorgen kann. Nach Mercedes-Angaben erhöht das die Reichweite um gut 2 Prozent und sorgte bei der langen Testfahrt dafür, dass 25 Extra-Kilometer hinzukamen.