Bilder: Martin Zink
Manche sagen SUV dazu und finden diese Fahrzeug-Gattung auch oder gerade als Elektroauto verachtenswert – aber in Wirklichkeit ist das Model Y einfach ein etwas moderneres Model 3 mit Platz wie ein riesiger Kombi. Zudem kostet es in der gleichen Ausführung Long Range in Deutschland mittlerweile weniger als ein Model 3 und wird außer in China zunehmend in der lokalen Tesla-Gigafactory in Grünheide bei Berlin produziert. Kein Wunder also, dass wir selbst vom Model 3 bald umgestiegen sind – und dass das Model Y in den deutschen Elektroauto-Verkaufszahlen 2022 mit 28.044 Neuzulassungen bis November ganz vorne liegt.
Wechsel von Model 3 auf Model Y
Unser eigener Wechsel vom Model 3 auf das Model Y war bezahlbar, weil die Tesla-Gebrauchtpreise zu Beginn dieses Jahres noch extrem hoch waren. Somit konnten wir Ende Februar ein Model Y Long Range in Empfang nehmen, nahe der deutschen Gigafactory, aber noch nicht dort gebaut. In Facebook-Gruppen wird die gewählte Konfiguration gern als „Kassenmodell“ bezeichnet: außen weiß, innen schwarz, 19-Zoll-Räder, kein FSD oder Anhängerkupplung. Der damalige Kaufpreis betrug knapp 57.000 Euro abzüglich 5000 Euro Umweltbonus. Das Model 3 hatten wir zuvor für 51.000 Euro verkauft – 30 Euro über dem Neupreis nach elf Monaten.
Mittlerweile haben wir mit dem Model Y knapp 30.000 Kilometer hinter uns, und wie erhofft bewährt es sich als perfektes Familien-Fahrzeug. Im Innenraum geht es Tesla-typisch schlicht zu, das Platzangebot ist gigantisch. Passagiere jeder Größe finden ausreichend Platz, und der Kofferraum besticht im Vergleich zum Model 3 mit ungeahnten Dimensionen. Riesige Klappe und viel Platz ermöglichen das unkomplizierte Mitnehmen auch großer Gegenstände. Ikeas berühmtes Billy-Regal passt zum Beispiel bei umgeklappter Rücksitzbank locker in das Model Y.
Die Verarbeitung des von uns gefahrenen Exemplars ist sehr gut. Weder außen noch innen zeigt es Mängel, und es brauchte keine Nacharbeiten. Eine Kleinigkeit nervt ab und an: Das Display zeigt den angeblichen Ausfall des Notrufsystems. Aus Interesse drückten wir das Symbol auf dem Zentraldisplay, als die Meldung neuerlich aufleuchtete. Trotz der Warnung wurden mit einer Notrufzentrale (nicht 110 oder 112) verbunden – sie scheint also nicht zu stimmen.
Tesla mit regelmäßigen Updates
Fahren lässt sich das Model Y laufruhig und leise. Allerdings ist das Fahrwerk zumindest bei unserer China-Version von Anfang des Jahres nicht für eine so hohe Leistung ausgelegt, wie der Tesla sie bietet – bei neueren Model Y soll es verändert worden sein. Gerade beim Bremsen aus hoher Geschwindigkeit schaukelt sich unseres gern auf. Das verlangt tatsächlich nach etwas Können, um nicht unkontrolliert hin und her zu schwimmen. Wenn man es nicht übertreibt, ist man im Model Y aber sicher und bequem unterwegs.
Eine Besonderheit bei Tesla sind die regelmäßigen Software-Updates. Funktioniert haben sie bei uns stets einwandfrei, was ansonsten längst noch nicht bei jeder Marke der Fall zu sein scheint. Vor kurzem kam zum Beispiel eine veränderte Navigationsanzeige und Bedienung für den Musik-Player. Allerdings muss man sich an diese Neuerungen manchmal erst etwas gewöhnen. Richtig gut finden wir aber die neue Anzeige des Ladezustandes der Batterie am Navigationsziel sowie das automatische Einblenden von Bildern der Seitenkameras bei aktiviertem Blinker, das schon vor einer Weile hinzukam.
Supercharging mit 250 kW nicht gesehen
Als maximale Ladeleistung für das Model Y Long Range gibt Tesla im Web 250 Kilowatt an, aber die haben wir damit noch nie erlebt. Gleichzeitig ist der Verbrauch etwas höher als beim Model 3, und so müssen wir zugeben, uns auf einer längeren Reise nach Italien vor kurzem einen Porsche Taycan gewünscht zu haben, der bei einem Test mit kurzen Ladepausen überzeugte. Er kostet allerdings auch etwa dreimal so viel und kann anders als unser Model Y bislang nur ausgewählte Supercharger nutzen. Davon sollte man aber bevorzugt die neue Generation V3 anfahren, um wenigstens über 140 Kilowatt Spitzenleistung zu kommen.
Insgesamt haben wir uns vom Model Y trotz etwas Meckern auf hohem Niveau überzeugen lassen und sind im Großen und Ganzen rundum zufrieden mit diesem praktischen Elektroauto im SUV- oder eher Crossover-Format. Seinen ersten Platz unter den deutschen E-Bestsellern 2022 können wir deshalb nachvollziehen. Wenn die Konjunktur mitspielt, könnte es im nächsten Jahr zudem einen Sprung machen, denn dann dürfte wie beim Model 3 vermehrt die Basis-Version nur mit Heckantrieb zur Verfügung stehen – auch aus der deutschen Fabrik.