Bild: Nio
Aus China kommen eine ganze Reihe von interessanten Elektroautos auf die westliche Welt zu – und wie in der Anfangszeit von Tesla ist der Aufbau von Ladeinfrastruktur dabei ein Teil der Markt-Erschließung. So betreibt das Startup Nio in seiner Heimat hunderte schnelle Ladestellen und zusätzlich Stationen für den Wechsel des kompletten Akkus. Beides plant es auch in Europa, wo seine Elektroautos in Norwegen schon zu haben sind und auch eine erste Tausch-Station steht. Und jetzt stellte Nio Ladesäulen mit 500 Kilowatt Leistung – doppelt so viel wie bei Tesla – vor, deren Aufbau auch in Europa noch vor Jahresende beginnen soll.
China-Elektroautos laden schnell
Tatsächlich ist das Startup nicht einmal das einzige Unternehmen aus China, das die heute üblichen Ladeleistungen praktisch verdoppeln will. Bei Tesla sind derzeit kurz bis zu 250 Kilowatt möglich, und vor gut einem Jahr sagte CEO Elon Musk, dass die Supercharger-Leistung in Schritten auf 350 Kilowatt steigen solle. Doch damit dürfte sich die Spitze bei Pkw nicht zurückgewinnen lassen. Im vergangenen August stellte zum Beispiel die staatliche Elektroauto-Marke Aion den Crossover V vor und teilte mit, der lasse sich mit dem sechsfachen Kapazitätsfaktor laden, also zum Beispiel mit 480 Kilowatt, wenn der Akku 80 Kilowattstunden fasst.
Nio dagegen stellte bei seinem jährlichen Power Day an diesem Mittwoch zunächst nur die extrem schnelle Ladetechnik ohne Elektroauto dazu vor, wie CnEVPost von der Veranstaltung berichtete. Als einziges weiteres Detail soll der Mitgründer und Präsident des Unternehmens eine Stromstärke von 650 Ampere genannt haben. Die Installation der ultraschnellen Säulen solle noch in diesem Jahr sowohl in China als auch in Europa beginnen. Welches seiner für Europa vorgesehenen Elektroautos – der Deutschland-Start ist 2022 mit der Limousine ET7 (s. Foto oben) geplant – diese extreme Leistung vertragen, hat Nio allerdings noch nicht gesagt.
Laut dem CnEVPost-Bericht hat mit Xpeng noch ein weiteres Elektroauto-Startup aus China die Lade-Latte höher gelegt: Im vierten Quartal solle im großen Stil die Installation von Säulen mit 480 Kilowatt beginnen. Dabei ist stets zu beachten, dass höchste Ladeleistungen bislang nur bei optimalen Bedingungen und relativ niedrigem Akku-Stand erreicht werden. Aber zum Beispiel bei XPeng soll mit den neuen Säulen Laden von 10-80 Prozent in 11 Minuten möglich sein. Beim Aion V war sogar von Tests mit 0-80 Prozent innerhalb von 8 Minuten die Rede. Und der Batterie-Hersteller CATL präsentierte vor kurzem einen neuen Akku, der in 10 Minuten von 10-80 Prozent kommen soll.
Tesla dürfte nachziehen müssen
Elektroauto-Laden wird dadurch zunehmend so schnell wie Tanken – oder wie Akku-Wechseln, das laut Nio weniger als 5 Minuten dauert. Trotzdem will das Unternehmen parallel auch an diesem Konzept festhalten und stellte beim Power Day laut CnEVPost die dritte Generation seiner Tausch-Stationen vor, die mehr Kapazität und Flexibilität bieten soll. Gleichzeitig meldete Nio, am selben Tag 12 neue Standorte dafür in China eröffnet zu haben und nannte die aktuelle Zahl von 1011. Für Tesla hatte der Technik-Chef Drew Baglino vor kurzem erklärt, dass Akku-Wechsel dort wegen des größeren Aufwands nicht in Frage kommen. Aber zumindest bei den Superchargern zusammen mit seinen Elektroautos könnte das Unternehmen gezwungen sein, tatsächlich bald nachzulegen.