Die USA haben mit Tesla-, SpaceX- und neuerdings Twitter-Chef Elon Musk einen Unternehmer und Manager, der persönlich wie geschäftlich stets für Überraschungen gut ist, Deutschland hatte bis 2021 immerhin den Siemens-Chef Joe Kaeser, von dem ebenfalls ein paar weltweit beachtete Twitter-Aufreger stammen. Ende 2019 schien er auch den Tesla-Chef zu kritisieren, indem er von einem „kiffenden Kollegen“ schrieb, der für „Peterchens Mondfahrt“ als Visionär bewundert werde, wollte ihn dann aber nicht gemeint haben. Jetzt aber sprach Kaeser in einem Interview wirklich über Musk – und zeigte sich zumindest zur Hälfte angetan von ihm.
Kontakt über frühen CEO bei Tesla
Der Kontakt zu Musk sei durch einen gemeinsamen Freund aus dem Silicon Valley zu Stande gekommen, erzählte der heutige Aufsichtsrat unter anderem bei Mercedes und Daimler Trucks in dem Podcast-Gespräch mit den Ausrichtern der Konferenz OMR23, das am Sonntag veröffentlicht wurde. Der sei einer der ersten Chefs von Tesla gewesen. Kaeser und Musk müssten sich also schon vor 2008 kennengelernt haben, denn ab dem Jahr besetzte Musk selbst den CEO-Posten. Der deutsche Manager kam 2001 in einen Siemens-Bereichsvorstand, bevor er 2006 Finanzvorstand des ganzen Konzerns und 2013 sein Vorstandschef wurde.
Der Kontakt zu Musk wurde hergestellt, weil es jemanden gab, der Elektroautos bauen wollte, aber keine Ahnung hatte, wie das geht – so habe ihm der gemeinsame Freund die Vorstellung erklärt, erzählte Kaeser in dem Podcast weiter. Dazu habe er gesagt, er könne natürlich vermitteln, und „so ging das los“. Ob der Freund jetzt noch bei Tesla arbeite, wisse er nicht. Es könne sein, dass Musk ihn entlassen habe.
Von sich selbst sagte Kaeser, er kenne Musk aus seiner Siemens-Zeit relativ gut. Und er hat auch noch lebhafte Erinnerungen daran: Eines Nachts habe der Tesla-Chef ihn angerufen und angeschrien, er solle sofort in die USA kommen („get your ass over here“). Der Grund war nach der Darstellung des früheren Siemens-Chefs, dass das Hochlaufen der Produktionslinien bei Tesla nicht funktionierte. Das hört sich nach einer deutlich späteren Zeit an – von 2017 bis 2019 war Tesla laut Musk in einer für ihn leidvollen Dauerkrise wegen des schwierigen Hochlaufs beim Model 3.
Wie Kaeser weiter berichtete, verzichtete er auf den spontanen USA-Flug, erkundigte sich aber näher nach den Problemen. Als Erklärung habe sich schnell herausgestellt, dass „eine organisierte Fertigung mit seiner Art, mit Menschen und Problemen umzugehen, nicht möglich war“, sagte er in dem Podcast mit Blick auf Musk. Letztlich aber habe man „es doch hingekriegt“, und jetzt würden auch Tesla-Fabriken mit Automatisierungstechnik von Siemens laufen, im Übrigen auch die im deutschen Grünheide bei Berlin.
Respekt für Risikofreude von Musk
Nach seinen offenbar intensiven Erfahrungen mit dem Tesla-Chef kommt Kaeser in dem Podcast zu dem Schluss, dass Musk eine „unglaublich interessante Persönlichkeit“ sei. Oberhalb einer Trennungslinie zeige er Genie und darunter Wahnsinn, mit keinem neutralen Puffer dazwischen. Musk sei stets entweder genial oder so, dass man sich über seinen Erfolg wundern müssen. Auf jedem Fall sei ihm aber hoch anzurechnen, dass er immer noch alles auf eine Karte setze, obwohl er inzwischen viel zu verlieren habe.
Ob Musk auch aus seiner Twitter-Übernahme einen Erfolg machen kann, muss sich laut Kaeser noch zeigen. Wenn der Tesla-Chef Spiele wie diese gewinne, dann stets 8:6 und nie 1:0, weil er immer auch Dinge mache, „wo man eigentlich sagt, die versteht kein Mensch“. In manchen Fällen stelle sich allerdings später heraus, dass auch die in Wirklichkeit genial waren.