Bei Show-Autos und Prototypen ist es ein beliebtes Mittel, um einem Fahrzeug ein besonders futuristisches Inneres zu verleihen: Statt eines normalen Lenkrads wird eine Art Steuerknüppel verbaut, rechteckig statt rund und so konzipiert, dass man ihn nur an den Seiten richtig anfassen kann. Auch Tesla zeigte ein solches Lenk-Rechteck schon bei Roadster und Cybertruck, und zu diesen modernen Elektroautos passt es natürlich optisch besonders gut. Bei den soeben aufgefrischten Model S und Model X soll es nach den Bildern auf den Bestell-Seiten sogar in Serie kommen. Das führte zu gemischten Reaktionen – und der Entdeckung, dass Tesla ein vergleichsweise normales Steuer schon vorbereitet hat.
Gemischte Reaktionen zum Lenk-Rechteck
Tesla selbst widmet dem als Yoke (zu Deutsch Joch, Bügel oder Horn) auf seiner Website sogar einen eigenen Abschnitt in der Beschreibung des neuen Innenraums von Model S und Model X – jedenfalls in den USA, die deutschen Seiten waren am Donnerstagvormittag nach einem nächtlichen Verschwinden noch nicht auf das neue Web-Design umgestellt. Das Steuer-Joch mache das Auto zum besten, um darin selbst zu fahren oder sich fahren zu lassen, heißt es zu beiden Modellen auf den US-Seiten. Der zweite Teil dieser Formulierung ist als Anspielung auf Teslas Pläne zum autonomen Fahren zu verstehen, nach deren Realisierung weder ein rundes noch ein eckiges Lenkrad gebraucht würde.
Doch so schick es zusammen mit dem auch sonst aufgewerteten Innenraum aussieht, so fraglich ist, ob das flache Rechteck wirklich auch in den Model S zu finden sein wird, die laut CEO Musk ab diesem Februar ausgeliefert werden sollen. Denn zum einen rief es einige Proteste von sonst von Tesla begeisterten Twitter-Kommentatoren hervor. Manchen gefiel es nicht einmal optisch richtig, und deutlich mehr verwiesen darauf, dass es nicht sehr praktisch sei, solange man sein Model S oder Model X noch (jedenfalls teilweise) selbst lenken muss. In einer Blitzumfrage von teslamag.de auf Twitter fand eine knappe Mehrheit den Tesla-Yoke zunächst entweder „schön, aber nicht gut“ oder „weder schön noch gut“. Im Endergebnis nach einer Stunde könnte sich mit 46,2 Prozent allerdings doch die Option „schön und gut“ durchsetzen (aktualisiert).
was sagen sie zum lenk-rechteck statt -rad im neuen tesla model s und model x?
— TeslaMag.de (@teslamag) January 28, 2021
Hinzu kommt der rechtliche Aspekt. Nicht völlig runde Steuer gibt es bereits in einer Vielzahl anderer Autos, aber sie sind nur milde abgeflacht und würden mit etwas gutem Willen immer noch die Bezeichnung „Rad“ verdienen. So zitiert der Blog TNW mit Blick auf die neuen Tesla-Bilder und -Beschreibungen eine juristische Seite, laut der die Vorschriften in den sonst relativ wenig regulierten USA in dieser Hinsicht sogar besonders streng sind: Weder Konstrukte im Schmetterling-Stil (also wie jetzt bei Tesla mit zwei seitlichen Streben) noch Joysticks seien zulassungsfähig, heißt es dort: Das Steuer müsse rund sein und mindestens 13 Zoll Außendurchmesser haben.
Zum gleichen Ergebnis kommt ein europäischer Tuning-Blog, der sich nach eigenen Angaben mit der Rechtslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz beschäftigt hat: Lenk-Rechtecke oder verbundene Doppel-Joysticks wie in David Hasselhoffs berühmten Auto KITT in Knight Rider seien nicht zulässig, weil sie weniger Rückmeldungen und Kontrolle bedeuten würden. Erlaubt sei dergleichen nur im Stehen oder abseits öffentlicher Straßen.
Tesla versteckt normales Lenkrad
Diese Informationen sprechen dafür, dass Tesla sich bei den Bildern zu seiner Auffrischung von Model S und Model X tatsächlich nur einen kleinen Show-Effekt erlaubt hat. Eine Option, eine andere Steuer-Form auszuwählen, war auf der US-Website öffentlich zwar zunächst nicht zu finden, und auch das Innen-Bild auf der deutschen zeigt nur das neue Joch. Aber findige Beobachter entdeckten auf den Servern von Tesla schon ein vorbereitetes Bild mit denselben Cockpit-Neuerungen wie auf den Bestell-Seiten, nur mit einem recht konventionellen Lenkrad. Im direkten Vergleich sieht es insgesamt deutlich weniger modern aus – aber wenigstens darf man damit auch auf die Straße.