Bild: Auf den in diesem Jahr gestarteten e-tron GT sollte 2024 ein "Tesla-Jäger" folgen (Foto: Audi)
Es hätte ein Projekt wie aus dem Lehrbuch der Management-Theorie werden können: Im Juni 2020 startete bei Audi ein Team um einen erfahrenen Rennsport-Ingenieur mit Star-Potenzial mit der Aufgabe, weitgehend ungehindert, aber unterstützt von den Strukturen des Volkswagen-Konzerns ein „Leuchtturm-Elektroauto“ zu entwickeln. Laut Berichten sollte es ein „Tesla-Jäger“ werden, nachdem eine interne VW-Bestandsaufnahme einen zu großen Rückstand auf den Elektroauto-Pionier festgestellt hatte. Ende 2020 wurde das Team sogar in ein eigenes Unternehmen mit dem tatsächlich jägerischen Namen Artemis ausgegliedert – aber jetzt soll es sein Elektroauto nicht mehr weiterentwickeln, und der Star-Ingenieur dürfte gehen.
Aus für eigenständigen Tesla-Jäger
Darüber informierte Audi vergangene Woche mit einer Pressemitteilung, die mit den Worten „gestartet als Leuchtturm“ beginnt. Gedanklich möchte man das in einer Abwandlung der bekannten Tiger-Redensart fast mit „..und als Bettvorleger gelandet“ weiterführen, aber stattdessen wird das Artemis-Team für seine Verdienste um die Transformation von Volkswagen und Audi gelobt. Es habe gemeinsam mit der Software-Organisation Cariad und Audi „den Grundstein für zukunftsfähige Technologie gelegt“.
Dass Audi damit das Ende von Artemis in seinem bisherigen Zuschnitt verkündet, lässt sich erst dem dritten Absatz der Mitteilung annähernd explizit entnehmen: „Nach dem Abschluss der Konzeptphase übergab das Team die Verantwortung für die weitere Fahrzeugentwicklung an Audi sowie für die Softwareentwicklung an Cariad“, heißt es dort. Oder im Klartext: Die Artemis-Tochter hat mit dem Elektroauto, das sie bis 2024 eigenständig auf Tesla-Niveau entwickeln sollte, direkt wohl nichts mehr zu tun. Stattdessen soll sie sich jetzt voll auf „Methoden, Tools und Prozesse“ für Fahrzeug-Entwicklung konzentrieren.
Statt von einem internen Startup mit Zugriff auf Konzern-Ressourcen, wie es Disruptionstheoretiker etablierten Anbietern beim Auftreten von Konkurrenten mit neuen Technologien empfehlen, wird Audis Leuchtturm-Elektroauto jetzt also innerhalb der bestehenden Strukturen entwickelt. Jedenfalls den Vorstellungen des bisherigen Artemis-Chefs Peter Hitzinger scheint das nicht zu entsprechen: Der Ingenieur, der vor seiner VW-Zeit unter anderem Formel-1-Technik weitergetrieben und bei Apple gearbeitet hat, gebe die Leitung ab und bereite sich „auf eine neue Aufgabe“ vor, schreibt Audi.
Audi-Manager sucht neue Herausforderung
Ob die innerhalb oder außerhalb des VW-Konzerns angesiedelt sein wird, geht auch aus Hitzingers eigenem Artemis-Abschied auf LinkedIn nicht hervor. Das von der Tochter konzipierte Elektroauto Landjet werde jetzt von Audi industrialisiert, bestätigte er. Für ihn sei dies ein guter Punkt, um sich neuen großen Herausforderungen zuzuwenden, schrieb Hitzinger, verriet aber ebenfalls nichts Näheres. Ohne sein Engagement in der frühen Entwicklungsphase würde das neue Elektroauto nicht 2025 zu den Kunden rollen, gab ihm Audi noch mit auf den Weg. Zum Start von Artemis war allerdings noch von 2024 die Rede gewesen.