Eine Übersicht des Auto-Beratungsportals Edmunds in den USA sorgte in dieser Woche für Aufregung: Laut einer Zusammenstellung der Ergebnisse aus seinen Praxis-Tests von 15 Elektroautos kam keines der vier Modelle von Tesla auf die Reichweite, die nach der Norm EPA angegeben wird – während fast alle anderen darüber lagen. Damit stand der Vorwurf im Raum, Tesla würde seine Fahrzeuge für die Ermittlung der EPA-Reichweite manipulieren oder zumindest gezielt optimieren. Doch wie ein Mitglied des Forums Tesla Motors Club (TMC) argwöhnt, scheint eher Edmunds selbst an den Daten gedreht zu haben.
Tesla-Testartikel nachträglich verändert
Die Recherchen des TMC-Mitglieds konzentrierten sich auf die Angaben von Edmunds zum Tesla Model Y. In der aktuellen Liste des Portals, das nach eigenen Angaben sowohl für Käufer arbeitet als auch für die Auto-Industrie, ist die reale Reichweite des Elektro-Crossover in der Performance-Version mit 263 Meilen statt 291 Meilen nach EPA angegeben, also 9,6 Prozent weniger.
Wie Edmunds zu seinen Ergebnissen selbst erklärte, sind sie nicht besser oder schlechter als die Angaben nach der EPA-Norm, die in einem Rollenstand-Prüfzyklus ermittelt werden: Die eigenen Tests, die jeweils unter vergleichbaren Bedingungen auf realen Straßen gefahren würden, seien nur eine ergänzende Information dazu.
Doch zumindest für das Model Y wurden die von Edmunds ermittelten Daten laut dem TMC-Mitglied, das seinen Namen mit Mike Smith angibt, nachträglich verändert. Er habe sich an einen Reichweiten-Test dieses Tesla-Modells im Vergleich zum Porsche-Elektroauto Taycan von November 2020 bei dem Portal erinnert, schreibt Smith. Den habe er sich nach der Veröffentlichung der Zusammenstellung noch einmal ansehen wollen – und festgestellt, dass er noch zu finden war, aber jetzt als Datum der Veröffentlichung der 3. Februar 2021 angegeben ist.
Model Y nur zu 90 Prozent aufgeladen
Laut Smith wurde der Artikel zudem in einem wichtigen Punkt verändert, ohne dass darauf hingewiesen würde. Mit Hilfe des Internet-Archivs Wayback Machine fand er die ursprüngliche Version. Darin ist noch zu lesen, dass das Model Y nur auf 90 Prozent aufgeladen wurde, weil das von Tesla für den täglichen Gebrauch empfohlen werde. Damit kam es in dem Test 253 Meilen weit, wobei der Edmunds-Autor darauf hinwies, dass es voll geladen wohl 25 Meilen mehr geschafft hätte.
Schon das kann man als fragwürdige Entscheidung ansehen – und es macht einen großen Teil der Diskrepanz zur EPA-Angabe aus. Doch in der aktuellen Version des Edmunds-Artikels ist der Hinweis auf die nicht vollständige Tesla-Ladung verschwunden, wie Smith feststellte. Stattdessen stand dort am Freitagvormittag deutscher Zeit, das Model Y sei in dem Praxis-Test 263 Meilen weit gekommen. Der Autor oder jemand anderes hat also offenbar nachträglich 10 Meilen auf das Ergebnis des Tests mit 90 Prozent aufgeschlagen, verzichtete aber darauf, das zu erwähnen.
Und diese 263 Meilen aus dem Test von November 2020 in der Fassung von Februar 2021 verwendete Edmunds jetzt auch in der Übersicht, in der Tesla insgesamt relativ zu den EPA-Angaben und fast der gesamten Elektroauto-Konkurrenz schlecht wegkam. Als „eindeutig voreingenommen gegen Tesla“, bezeichnete das TMC-Mitglied Smith deshalb den Autor des Artikels. Tatsächlich fällt es in diesem Fall schwer, an ein Versehen zu glauben. teslamag.de hat Edmunds kontaktiert und um eine Erklärung für die unterschiedlichen Versionen gebeten.