Auch Tesla hatte in diesem Februar möglicherweise eine Chip-Krise, aber die war sowohl akuter als auch kürzer als im Rest der Branche: Seit einigen Tagen ruhe teilweise die Produktion im Werk Fremont, meldete Ende des Monats ein Beobachter aus der Gegend. Tesla-Chef Elon Musk bestätigte kurz darauf eine Unterbrechung wegen Mangels an ungenannten Teilen, die dann noch in derselben Woche endete. Weil fast die gesamte Auto-Branche seit Ende 2020 an Chip-Mangel leidet und kurz vorher der Lieferant Samsung seine Produktion in Texas unterbrechen musste, wurde vielfach vermutet, auch Tesla habe nicht genügend Komponenten gehabt. Ansonsten aber scheint das Unternehmen von der allgemeinen Knappheit sehr wenig betroffen.
Keine Spur von Mangel bei Tesla in Q1
Erst in der vergangenen Woche bestätigten sowohl Audi als auch Daimler neue Kurzarbeit-Anmeldungen für Werke in Deutschland. Derlei Meldungen hatten weltweit zum Ende von 2020 hin begonnen. Erst bestand Hoffnung, die Probleme könnten früh im neuen Jahr schwinden, inzwischen aber ist vielfach von zumindest gelegentlichen Engpässen bis in 2022 hinein die Rede. Die Ursache sehr kurz zusammengefasst: In der Corona-Krise Anfang 2020 reduzierten Auto-Hersteller ihre Bestellungen; als dann die Nachfrage überraschend schnell anzog, waren Chip-Kapazitäten schon für Elektronik- und Computer-Kunden verplant.
In diesem Umfeld hatte Tesla-Finanzchef Zachary Kirkhorn in einer Telefonkonferenz Ende Januar von „Instabilität in der Lieferkette“ gesprochen, was eine ähnliche Lage wie im Rest der Branche befürchten ließ. Die Anfang April veröffentlichten Produktionszahlen für das erste Quartal 2021 sprachen jedoch vehement dagegen – Tesla baute zwar keine Model S und Model X, aber insgesamt mehr Elektroautos als je zuvor, nachdem schon das Schluss-Quartal 2020 einen neuen Rekord gebracht hatte.
Wie das neue Quartal und der Rest des Jahres bei Tesla laufen, wird sich zeigen – einen Ausblick könnte es am Montagabend nach der Veröffentlichung der Q1-Geschäftszahlen geben. Aber ein Beitrag in dem Finanzdienst Cho Research und Aussagen eines wichtigen Chip-Herstellers sprechen dafür, dass sich der Elektroauto-Pionier der allgemeinen Krise auch weiterhin besser entziehen kann.
„Tesla weiter oben in der Hackordnung“
Für Cho Research ist ein Teil der Erklärung für die offenbar ausreichende Chip-Versorgung bei Tesla recht einfach: Das Unternehmen steht in der „Hackordnung“ der Abnehmer schlicht höher als andere Autohersteller, die mit ernsthafter Computerisierung erst viel später begonnen hätten. Tesla bestelle schon länger höhere Volumina an relativ modernen und somit teureren Chips, schreiben die Analysten. Traditionelle Hersteller dagegen seien mitten im geplanten Hochlauf für Autos mit Elektro-Antrieben und mehr Assistenz-Funktionen von der Komponenten-Knappheit getroffen worden und müssten sich sozusagen hinten anstellen.
In eine ähnliche Richtung gehen Äußerungen von Mike Hogan, Automotive-Chef bei dem großen Chip-Hersteller Global Foundries mit Fabriken auf drei Kontinenten. Auto-Hersteller würden nur 10 Prozent der weltweiten Nachfrage in seiner Branche ausmachen, sagte er einem Bloomberg-Newsletter. Das bedeute, dass sie Chips meist „aus dem Regal“ einkaufen würden, also ohne großen eigenen Entwicklungsbeitrag und nicht in exklusiven Vereinbarungen. Das erinnert an Aussagen von Tesla-CEO Elon Musk in einem anderen, aber doch ähnlichen Zusammenhang: Tesla betreibe kein „Katalog-Engineering“, hatte er im Oktober 2020 mit Blick auf anspruchsvolle Produktionsanlagen gesagt.
Auto-Branche soll bei Chips umdenken
Hogan von Global Foundries erwähnte jetzt kein Unternehmen direkt, sagte aber, manche Auto-Leute wüssten nicht richtig, was sie wollten – was man bei Tesla und Chips wohl ausschließen kann. Als Gegenbeispiel stellte er die Smartphone-Branche heraus, die „eng kontrolliere“, was in ihre Produkte komme, statt das Design wie die Auto-Branche bereitwillig anderen zu überlassen. Zudem sei den Herstellern das Silizium in ihren Smartphones so wichtig, dass sie bereit seien, im Voraus für das Reservieren benötigter Kapazitäten zu bezahlen, die dann auch garantiert seien.
Man könne keine Autos für 50.000 Dollar anbieten und dann nicht liefern, weil ein Chip für 15 Dollar fehlt, sagte Hogan über die anderen Gepflogenheiten in der Auto-Branche. Er rief sie zum Umdenken auf und stellte fest, dass die aktuelle Krise denjenigen ihrer Mitarbeiter Gehör verschaffe, die schon vorher engere Chip-Beziehungen gefordert hätten. Bislang laute die Haltung in der alten Branche allerdings eher, „Hey, wir kennen uns nicht, aber mir gehen die Chips aus, und Sie sind schuld daran“.