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Tests nach tödlichem Tesla-Unfall: Privatleute und Zeitschrift überlisten Autopilot-Sicherung

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Bild: Consumer Reports

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Die genauen Umstände und der Hergang eines Unfalls mit einem Tesla Model S, bei dem am vergangenen Wochenende im US-Bundesstaat Texas beide Insassen ums Leben kamen, werden von zwei Behörden untersucht – aber nicht nur: Weil in vielen Berichten spekuliert wurde, das Autopilot-System habe das Elektroauto in den Crash gesteuert, testeten Tesla-Fans, ob es sich in ähnlichen Situationen überhaupt nutzen lässt. Das Gleiche tat die Verbraucher-Zeitschrift Consumer Reports – und kam zu dem Schluss, dass der Autopilot mit Tricks auch ohne Person auf dem Fahrersitz funktioniert.

Zwei Tote in brennendem Tesla Model S

Zwei Männer waren laut Berichten am vergangenen Samstagabend in das Tesla Model S eines der beiden gestiegen, nachdem sie sich nach Angaben von Zeugen vorher über das Autopilot-System unterhalten hatten. Wenig später wurde die Feuerwehr zu einem vermeintlichen bloßen Waldbrand in ihrer teuren Wohngegend gerufen – und entdeckte das brennende Elektroautos. Es war offenbar kurz nach dem Start in einer Kurve von der Straße abgekommen. Als die Feuerwehr eintraf, stand der Tesla in Flammen. Ein Mann wurde auf dem Beifahrersitz vorgefunden, einer auf der Rückbank – also keiner am Steuer.

Damit lag die Vermutung nahe, dass der Tesla-Computer das Elektroauto lenkte, denn bestätigte tödliche Unfälle unter Autopilot-Nutzung hatte es vorher schon gegeben. Tesla bezeichnet das System als bloße Fahrer-Assistenz und weist darauf beim Aktivieren hin. Allerdings strebt das Unternehmen vollautonomes Fahren an, und laut Kritikern lässt die Bezeichnung Autopilot zu weit reichende Fähigkeiten vermuten. Außerdem kursieren im Netz mehrere Videos, in denen Tesla-Besitzer den Autopilot fahren lassen, während sie verschiedene Dinge tun, aber nicht am Steuer sitzen.

Behörden-Verfahren und Twitter-Tests

Schon kurz nach den ersten Berichten über den Unfall begannen private Tesla-Besitzer, die Umstände zu recherchieren und die These vom Tod durch Autopilot zu hinterfragen. Später erklärten auch die Behörden NTSB und NHTSA, Untersuchungen eingeleitet zu haben, und die lokale Polizei will von Tesla die Telemetrie-Daten verlangen. Eine wichtige Information kam schon von CEO Elon Musk: Der Autopilot sei nach ersten Auswertungen nicht aktiviert gewesen, erklärte er auf Twitter. In Bezug auf den Zeitpunkt blieb er aber ungenau und reagierte nicht auf Nachfragen.

Auf Twitter wiederum herrschte zunächst Uneinigkeit darüber, ob sich der Autopilot abschaltet, wenn die Person am Steuer das Gesäß anhebt, sodass kein Gewicht mehr auf dem Sitz ist. Diese Sicherung scheint es früher einmal gegeben zu haben, jetzt aber nicht mehr. Wenn man als Fahrer den Gurt löst, ertönt jedenfalls ein Warnsignal, und das Auto fährt an den Straßenrand. Das lässt sich allerdings leicht umgehen, indem man sich vorher nicht anschnallt, sondern nur die Gurtschnalle ins Schloss steckt.

Eine weitere Information zunächst von Tesla-Kennern und dann von CEO Musk selbst war, dass sich der Autopilot auch nicht aktivieren lässt, wenn es – wie auf der Unfall-Straße – keine Fahrbahn-Markierungen gibt. Das ist wohl im Normalfall korrekt. Allerdings zeigte ein Tesla-Besitzer, der zuletzt wegen seines Lobs für das Ford-Elektroauto Mustang Mach-E massiv angegangen wurde, ein Gegenbeispiel: Auf einer unbemalten schmalen Wohnstraße konnte er das System aktivieren – möglicherweise wurde hier Wasser am Rand als Markierung interpretiert.

Den wohl aufwendigsten Test abgesehen von behördlichen Untersuchungen unternahm die Zeitschrift Consumer Reports (CR). Es sei sehr leicht gewesen, die Autopilot-Sicherungen zu umgehen, sagte anschließend ihr Chef für Auto-Tests. Dazu hängte CR ein Gewicht an das Lenkrad eines Tesla Model Y, um dem System eine Hand am Steuer vorzutäuschen – ohne diese regelmäßige Rückmeldung schaltet es ebenfalls ab. Auf dem geschlossenen Gurt des Fahrer-Platzes sitzend, fuhr ein Tester manuell los und aktivierte den Autopiloten. Dann stellte er die Geschwindigkeit dafür mit dem Scroll-Rad am Steuer auf Null und rutschte auf den Beifahrer-Sitz. Von dort aus konnte er das vorgegebene Tempo wieder erhöhen, und das Model Y fuhr automatisch gesteuert mehrmals über die abgesperrte Test-Strecke.

Zeitschrift will mehr Autopilot-Sicherungen

So also (beziehungsweise ähnlich, denn die Autopilot-Bedienung im Model S ist etwas anders) hätten auch die beiden verunfallten Männer das System austricksen können, wenn man von der Unsicherheit in Bezug auf die Aktivierbarkeit ohne Straßen-Markierungen absieht. Ob sie es getan haben, ist natürlich weiterhin offen. Consumer Reports forderte Tesla trotzdem auf, seine Absicherungen gegen einen Autopilot-Missbrauch zu verschärfen. Mindestens solle der Gewichtssensor auf dem Fahrersitz genutzt werden und noch besser wie bei anderen Herstellern auch eine Innenraum-Kamera.

Wie der Test eines Hackers mit der Kamera in einem Tesla Model 3 (Model S und Model X bekommen sie mit der im Januar gezeigten Modellpflege) vor kurzem zeigte, lässt sich allerdings auch die überlisten – zum Beispiel mit einem davor geklebten Foto von Elon Musk. Dennoch dürfte Tesla angesichts der Aufregung um den tödlichen Unfall nicht mehr lange darum herumkommen, seine technischen Maßnahmen gegen Missbrauch zu erweitern und zu verschärfen – selbst wenn sich herausstellt, dass das Autopilot-System in Texas nicht aktiv war.

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