Bild: VW-Konzernchef Diess mit ID.3 (Foto: Volkswagen)
Noch vor wenigen Jahren bezeichnete der damalige Konzernchef Matthias Müller Tesla öffentlich als „Ankündigungsweltmeister“, aber mit seinem Nachfolger Herbert Diess haben sich die Verhältnisse bei Volkswagen verändert: Diess lobt Tesla bei jeder Gelegenheit als Vorbild und gibt an, den Vorsprung des Elektroauto-Pioniers zumindest nicht zu groß werden zu lassen. Und laut einer Analyse der Schweizer Bank UBS klappt das recht gut: Sie untersuchte die Plattform für den ID.3 als erstes Elektroauto einer neuen Generation bei VW und bezeichnete sie als bislang überzeugendsten Ansatz eines traditionellen Autoherstellers in diesem Bereich.
VW bei Elektroauto-Kosten auf Tesla-Niveau
Details aus der ID.3-Zerlegung durch UBS in ihrem Evidence Lab für solche Analysen wurden nicht öffentlich bekannt, aber die Nachrichten-Agentur Bloomberg berichtete über die Ergebnisse. Demnach fiel der Vergleich mit der Antriebstechnik von Tesla in vielen Aspekten positiv aus. Unter anderem soll die MEB-Plattform von Volkswagen, auf der nach ID.3 und ID.4 weitere Modelle auch von Audi, Seat und Skoda folgen sollen, bei den Kosten „voll wettbewerbsfähig“ mit Tesla sein. Energiedichte und Effizienz seien erstklassig.
Auf Grundlage dieser Untersuchung erhöhte UBS ihr Kursziel für VW-Vorzugsaktien von 200 Euro auf 300 Euro und beließ die Empfehlung bei Kaufen. An der Börse verfehlte das nicht seine Wirkung: Am Mittwoch nach der Veröffentlichung legte VW zeitweise mehr als 5 Prozent auf Kurse um 187 Euro zu. Im Stil von Tesla-CEO Elon Musk nutzte Volkswagen-Chef Diess die Gelegenheit, um auf Twitter für sein Unternehmen zu werben. Zum ersten Mal seit 2015 habe der Börsenwert des Konzerns wieder 100 Milliarden Euro überstiegen, schrieb er. Der Markt habe auf das Hochfahren der Elektroauto-Produktion bei Volkswagen gewartet und Beweise sehen wollen, erklärte Diess weiter zu der UBS-Studie – „und hier sind wir“.
Analysts from @UBSschweiz tore down our ID.3 – and raised their price target by 50 percent to 300 euros afterwards. The market has been waiting for our #BEV-ramp-up and wanted to see some proof points, so here we are…(2/2)
— Herbert Diess (@Herbert_Diess) March 3, 2021
Von Tesla bleibt Volkswagen an der Börse trotzdem noch ein gutes Stück entfernt. Die Aktie des Elektroauto-Pioniers hat seit der Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das vierte Quartal 2020 mitsamt zurückhaltendem Ausblick für 2021 zwar rund 25 Prozent verloren. Doch die Marktkapitalisierung beträgt damit weiter mehr als 600 Milliarden Dollar, also in etwa sechsmal so viel wie bei VW.
Software als wichtigster Faktor
Zudem steht zunehmend nicht mehr nur Antriebstechnik bei Elektroautos im Fokus, sondern der Software-Aspekt, den Tesla sozusagen nebenbei mit neu erfunden hat. Die Fahrzeuge des Pioniers sind rollende Computer im engeren Sinn – Hardware-Plattformen, die sich zentral steuern und aktualisieren lassen. Traditionelle Hersteller wie VW dagegen sind erst dabei, sich die nötige Software-Kompetenz selbst anzueignen.
Derselbe UBS-Analyst, der das Kursziel für Volkswagen stark erhöhte, verdoppelte denn am Mittwoch auch sein Ziel für Tesla auf 730 Dollar. Etablierte Hersteller, die jetzt voll auf Elektroautos setzten, könnten Teslas Markführung bei Elektroautos angreifen, zitiert Marketwatch aus seiner Einschätzung. Bei Technologie und insbesondere Software aber sei Tesla weiterhin unangefochten vorne. Dies sei „das nächste Schlachtfeld und unserer Ansicht nach von jetzt an der wichtigste Treiber für die Bewertung“.