Der VW ID.3 ist das erste Volumen-Elektroauto von Volkswagen und soll somit für den Aufbruch des deutschen Konzerns in die von Tesla eingeläutete Zukunft stehen. Mit der von Grund auf neuen MEB-Plattform will VW die neuen Möglichkeiten konsequenter nutzen als bei den Verbrenner-Umbauten e-Golf oder auch Audi e-tron. Und tatsächlich kommt der ID.3 als erste Tesla-Alternative nah an die Reichweite des Model 3 heran, und das zu einem deutlich niedrigeren Grundpreis. Aber so ganz scheint VW die neue Elektroauto-Technik noch nicht im Griff zu haben: Wer den ID.3 mit dem großen Akku haben will, muss sich offenbar mit nur vier Sitzplätzen begnügen.
VW-Pressearbeit im Tesla-Stil
Das jedenfalls berichten Interessenten in sozialen Medien, und so steht es auch auf den Seiten eines Portals, das in Kooperation mit einem VW-Autohaus den ID.3 anbietet: Die zwei derzeit erhältlichen Varianten Pro S und Tour haben „leider nur 4 Sitzplätze“, heißt es dort. Den Bestell-Seiten von VW selbst dagegen sind keine Informationen darüber zu entnehmen, weder unter den technischen Daten noch bei der Serien-Ausstattung des ID.3. Und die Pressestelle verhält sich zumindest gegenüber teslamag.de so, wie es Journalisten eigentlich nur von Tesla gewohnt sind: Anfragen werden ignoriert oder erst nach vielen Tagen beantwortet. Auch an diesem Mittwoch blieb eine Reaktion auf die Sitz-Frage aus.
Aktualisierung: Nach Erscheinen dieses Berichts hat sich ein Volkswagen-Sprecher gemeldet. Er bestätigte, dass im ID.3 nur vier Personen fahren dürfen, und nannte als Gründe das Gesamtgewicht und die Einstufung in der Homologation. Außerdem verwies er auf die Varianten mit kleineren Akkus, in denen fünf Sitzplätze vorhanden seien. VW gehe davon aus, dass der ID.3 mit der mittelgroßen Batterie (58 Kilowattstunden, etwas mehr als beim kleinsten Tesla Model) das Volumen-Modell werde.
Aber unprofessionelle Presse-Arbeit allein macht noch keinen Elon Musk – auch wenn Volkswagen-Chef Herbert Diess dem Tesla-Kollegen neuerdings auch mit mehr Aktivität im Internet nacheifert. Und so sieht es zunächst so aus, als hätte sich Volkswagen bei seinem modernen Elektroauto-Erstling nicht nur auf der Software-Seite nicht mit Ruhm bekleckert: Schon bekannt war, dass bei den ersten ausgelieferten ID.3 in diesem September noch Updates per Funk fehlen (over the air oder OTA – dieses Problem hat auch der Porsche Taycan aus demselben Konzern) sowie drei weitere Funktionen.
Einschränkungen beim VW Elektro #ID3 (WLTP 540km, real deutlich weniger)
– nur 4-Sitzer
– kein Panoramadach
– keine AHK
– kein Fahrradträger
– Fahrergewicht beschränkt(!)und dann die Preise ansehen…#Elektroauto #TESLAhttps://t.co/yCnNBXMbU7 pic.twitter.com/fTkXy7Xnkr
— Empathologie 301 (@Club12D) August 4, 2020
Nach früheren Angaben eines Volkswagen-Sprechers soll zumindest die Software-Lücke rasch geschlossen werden. „Entscheidet man sich für eine spätere Auslieferung, sind die Fahrzeuge ab Werk komplett und OTA-fähig“, erklärte er im Juni, ohne einen Termin zu nennen. Doch das Problem mit den Sitzen könnte hartnäckiger sein: Als Grund dafür wird vermutet, dass der ID.3 mit dem großen Akku sonst schlicht zu schwer werden würde – und 75 Kilogramm für eine weitere Person dürften sich bei der schon als effizient angelegten neuen MEB-Plattform nicht so einfach einsparen lassen.
Problem für alle MEB-Elektroautos?
Das Problem könnte sogar noch weitaus gravierender sein: Die Elektroauto-Plattform MEB ist für alle Massen-Marken des Volkswagen-Konzern bestimmt, und Ableger darauf von Audi bis Skoda im beliebten Crossover-Format sind schon angekündigt. Mit dem großen Akku dürften sie wie der VW ID.3 nah an die Reichweite des Tesla Model 3 ebenfalls mit der größeren Batterie herankommen und zum Teil in Europa zudem früher zu haben sein als das Model Y. Aber wenn sich Neugierige und der Händler-Partner im Internet nicht irren, dann könnten all diese Tesla-Konkurrenten einen für manche Kunden deutlichen praktischen Nachteil haben, der zudem etwas peinlich wirkt.