In einem Podcast-Interview mit der britischen Wirtschaftszeitung The Economist hat Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess Fragen über die weitere Entwicklung bei Elektroautos beantwortet. Anders als andere Hersteller wie zuletzt Jaguar und Ford wollte er kein Jahr nennen, ab dem sein Unternehmen keine Verbrenner-Modelle mehr produzieren wird – dafür seien die Umstände in den einzelnen Regionen zu unterschiedlich. Aber Diess bekräftigte, dass Volkswagen massiv in Elektrifizierung und auch eigene Software nach Tesla-Vorbild investiert. Und auf die Frage, wer in zehn Jahren der größte Autohersteller der Welt sein werden, nannte er als Kandidaten sowohl Tesla als auch Volkswagen.
„VW-Ladenetz in USA besser als Tesla“
Ob und wann Verbrenner wie in Norwegen oder Großbritannien verboten würden, müsse jede Gesellschaft für sich entscheiden, sagte Diess in dem frei verfügbaren Economist-Podcast. Zu Deutschland sagte er in diesem Zusammenhang, man müsse die Entwicklung hier noch abwarten, weil erst 2037 die letzten Kohlekraftwerke abgeschaltet werden sollten. „Es hat keinen Sinn, Elektroautos mit Strom aus fossilen Brennstoffen zu betreiben“, erklärte der VW-Konzernchef.
Eine Äußerung von Diess stieß gleich nach der Veröffentlichung des Interviews am vergangenen Wochenende auf Protest: Volkswagen habe (mit Electrify America) die beste Infrastruktur für schnelles Elektroauto-Laden in den USA aufgebaut, wenn es darum gehe, von Norden nach Süden und von der West- an die Ostküste zu kommen, sagte er. Das Netz deckt laut Diess die USA besser ab als die Supercharger von Tesla. Wie ein Tesla-Beobachter daraufhin auf Twitter zeigte, ist das Tesla-Netz in den USA aber zumindest viel größer: Es besteht nach seinen Recherchen aus 11.461 schnellen Säulen, das von Electrify America aus nur 2408.
VW's Herbert Diess is wrong when he says "We have the best charging infrastructure buildup in the United States. It covers the country better than @Tesla’s charging network.”
The facts:
Tesla: 11k stalls, 977 stations
VW: 2.4k stalls, 556 stations$TSLA pic.twitter.com/QFieR7GSzw— AMuchBetterFace (@AMuchBetterFace) February 20, 2021
Zur Bedeutung von Tesla und zu seinem Verhältnis zu dessen CEO sagte Diess, er wisse die Aktivitäten, den Einsatz und die Energie von Elon Musk sehr zu schätzen. Tesla lege ein sehr hohes Tempo vor, aber Volkswagen versuche, zumindest nicht den Sichtkontakt zu verlieren. Aktuell investiere der Konzern sogar mehr und in höherem Tempo als Tesla. Dieses Jahr werde entscheidend sein, denn Volkswagen bringe viele neue Elektroautos auf den Markt und investiere massiv in Infrastruktur. „Also wollen wir mal sehen, wie groß der Abstand nächstes Jahr noch ist“, sagte Diess.
Apple als Kandidat für größten Hersteller
Mit Blick auf die Frage, wer in zehn Jahren der größte Autohersteller der Welt sein wird, ist Diess nach seiner eigenen Darstellung trotzdem vorsichtiger geworden. Vor einem Jahr hätte er dazu noch gesagt, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werde es sich um Volkswagen handeln, erklärt er in dem Interview dazu. Auf jeden Fall werde ein Mobilitätsunternehmen diese Position einnehmen, sagte Diess weiter, und „sein Name könnte Tesla sein, wenn Elon sich noch für Autos interessiert und nicht auf dem Weg zum Mars ist“. Ebenso komme aber Apple in Frage, so der VW-Chef, oder eine Kombination aus einem bestehenden Auto-Hersteller mit einem Technologie-Anbieter. Erst als letzte Möglichkeit nannte Diess Volkswagen selbst, weil das Unternehmen die richtigen Schritte gehe und wisse, was passieren werde.