Bild: Björn Nyland
Was auch immer der norwegische YouTuber und frühe Tesla-Fahrer Björn Nyland an Elektroautos zum Ausprobieren bekommt, unterzieht er einem anspruchsvollen Test: Wie lange dauert es, damit unter Nutzung der bestehenden Ladeinfrastruktur 1000 Kilometer zurückzulegen? Wie wohl zu erwarten, lagen dabei lange mehrere Modelle von Tesla vorn. Jetzt aber hat Nyland den bisherigen Bestwert des Model S Long Range in seiner Anfang 2019 verbesserten Raven-Version deutlich unterboten: mit dem Audi e-tron GT als dem ersten auf einer speziellen Plattform gebauten Elektroauto der deutschen Premium-Marke.
Audi e-tron GT mit hoher Ladeleistung
Das Tesla Model S Long Range benötigte im vergangenen September 9 Stunden und 50 Minuten für die 1000 Kilometer von Oslo Richtung Süden und zurück. Damit war es schneller als das bis dahin führende Tesla Model 3 Performance, das auch bei zwei Nachtests nicht an den Marken-Bruder mit dem größeren Akku herankam. Audis erster e-tron, noch auf der Plattform des Verbrenners Q5 basierend, brauchte sogar eine halbe Stunde länger als das Model S.
Mit dem e-tron GT aber hat Audi trotz des sehr ähnlichen Namens deutlich nachgelegt. Die flache Elektro-Limousine basiert auf der Plattform des Porsche Taycan, also nicht mehr auf einem Verbrenner. Ähnlich wie der Porsche ist auch der Audi nicht besonders effizient, bietet aber eine hohe Ladeleistung: dank 800 Volt Spannung im System bis zu 270 Kilowatt. Anders als bei Tesla, wo zumindest das Model 3 in Europa ebenfalls bis zu 250 Kilowatt erreicht, lässt sich die hohe Leistung zudem bis zu einem relativ hohen Akku-Stand nutzen.
Ohnehin zeigt sich Nyland sehr angetan von dem deutschen Elektroauto. „Verdammt sexy“ sehe es aus, sagt er, und zwar anders als ein Tesla Model 3 aus allen Blickwinkeln. Nach einer ersten Ladung auf 98 Prozent macht er sich dann abends mit dem Audi auf den Weg. Für die ersten 293 Kilometer bei norwegischem Autobahn-Tempo von 120 km/h braucht er 2,56 Stunden und holt sich, anders als geplant, zwischendurch etwas Extra-Strom an einer Säule, die nur 132 Kilowatt liefert.
An der nächsten Ladestation muss Nyland einige Male umstecken, weil die ersten zwei Säulen weniger Leistung liefern, als sie sollten. Erst beim dritten Versuch lädt er wie bei Ionity erhofft bis zu 254 Kilowatt in den Audi-Akku. Bei einem weiteren Ionity-Stopp sind sogar 257 Kilowatt an der Säule zu sehen, bei einem Batterie-Stand von 37 Prozent. „Dieses Auto ist nicht zu stoppen“, sagt der YouTuber morgens um 6.30 Uhr nach 860 Kilometern etwas müde. Gut eine weitere Stunde später hat er es geschafft: 9 Stunden und 35 Minuten betrug die Fahr- und Ladezeit über 1000 Kilometer, bei einem Verbrauch von 25,9 Wattstunden pro Kilometer und einem Tempo-Schnitt von 105 km/h.
15 Minuten schneller als Tesla Model S
Das Tesla Model 3 Long Range brauchte eine Viertelstunde länger und das Model 3 Performance beim besten Versuch noch einmal 5 Minuten mehr. Theoretisch könnte der kleinere Tesla den luxuriösen Audi immer noch schlagen, erklärt Nyland dazu: Sein Verbrauch sei deutlich niedriger, und wenn es auf der Test-Strecke mehr von den schnelleren V3-Superchargern gäbe, würde es dafür wohl reichen. Beweisen lasse sich das einstweilen aber „nirgendwo auf der Welt“, weil das V3-Netz noch zu dünn sei.
Das ändert sich allerdings nahezu von Tag zu Tag, weil Tesla neue Supercharger mit den V3-Säulen eröffnet. Und für Nyland ist inzwischen ohnehin ein Punkt erreicht, ab dem es auf kürzere Zeiten gar nicht mehr richtig ankommt: Alles unter zehn Stunden für 1000 Kilometer sei auch mit einem Verbrenner-Auto kaum zu schaffen, wenn man menschliche Bedürfnisse auf einer derart langen Fahrt nicht ignoriert. Aber immerhin lässt sich die runde Marke jetzt nicht mehr nur mit Elektroautos von Tesla unterbieten.