Bild: Nio
Im Westen schien sich das Konzept schon erledigt zu haben, doch mit neuem Schwung aus China soll es jetzt zurückkommen: Statt sie im Fahrzeug aufzuladen, lassen sich die Akkus von Elektroautos auch wechseln, wenn frischer Strom gebraucht wird. Das chinesische Startup Nio hat in seiner Heimat schon hunderte solcher Tausch-Stationen in Betrieb und kündigte jetzt an, nach der ersten europäischen Station in Norwegen ein flächendeckendes Netz in Deutschland aufzubauen. Auch der weltgrößte Batterie-Hersteller CATL betreibt einen Akku-Tauschdienst in China. Für Tesla aber, wo das Konzept im Jahr 2014 getestet wurde, erklärte Technik-Chef Drew Baglino vor kurzem, dass es keine Zukunft hat.
Tesla scheut den Wechsel-Aufwand
Die erste Power Swap Station von Nio in Europa ging in diesem Januar in Norwegen in Betrieb (s. Foto oben), nach den Angaben dazu für einen Wechsel innerhalb von 3 Minuten. Zu dem Zeitpunkt gab es in China schon gut 800 davon und damit nicht mehr viel weniger als Supercharger-Stationen von Tesla in dem Land. Im Jahr 2025 will Nio 5000 Tausch-Stationen betreiben, 1000 davon außerhalb Chinas. Der deutsche Start für seine Elektroautos ist gegen Ende dieses Jahres geplant. Und wie Nios Landeschef laut einem Bericht von Next Mobility jetzt sagte, soll es in Deutschland ein flächendeckendes Tausch-Netz des Unternehmens geben.
Aus wie vielen Stationen es bestehen soll und ab wann, blieb offen. Aber erkennbar will Nio das Angebot auch im Ausland zum Teil der Erfahrung mit seinen Elektroautos machen. Die werden außerdem optional mit Akku zum Mieten verkauft, was den Einstiegspreis senkt und Sorgen vor Degradation oder einem unvorteilhaften Tausch mindern dürfte. Die Kunden scheinen also zu profitieren, aber für den Hersteller und Wechsel-Anbieter bedeutet es größeren Aufwand. Und genau aus diesem relativ einfachen Grund besteht bei Tesla trotz der ausgehend von China intensiver werdenden Aktivitäten derzeit kein Interesse, das Konzept für sich zu reanimieren.
Das geht aus Antworten von Drew Baglino, als Senior VP Powertrain and Energy Engineering Technik-Vorstand von Tesla, bei einem Besuch an seiner alten Hochschule Stanford University hervor. Eine offenbar chinesische Studentin aus dem Publikum sprach ihn auf das Tausch-Thema an, nachdem Baglino vorher unter anderem über das Potenzial von Natrium-Ionen-Batterien bei Tesla gesprochen hatte. Man sich mit der Wechsel-Idee durchaus beschäftigt, antwortete er dazu, sei aber zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht sinnvoll sei.
Supercharging soll Gewinn abwerfen
Denn wenn man Tausch-Stationen baue, brauche man ja trotzdem noch eine Ladeinfrastruktur dahinter, um leer abgegebene Akkus wieder füllen zu können. Darüber hinaus brauche man zusätzlich eine Infrastruktur für die Akku-Aufbewahrung und Mechanismen für automatisches Tauschen und Aufladen, erklärte Baglino. Bei Tesla laute die Maxime stattdessen, an seinen Supercharger-Standorten nur das absolut Notwendige zu tun, um eine Energie-Aufnahme zu ermöglichen. Eine Supercharger-Station lasse sich innerhalb von vier Tagen fertigstellen, mit Infrastruktur für Akku-Tausch sei das nicht möglich.
Der Supercharger-Bereich bei Tesla werde wie ein eigenes Unternehmen betrieben, ließ der Technik-Chef weiter wissen. Es müsse auch für sich genommen profitabel sein – CEO Elon Musk hatte vor kurzem als Ziel 30 Prozent Brutto-Marge und 10 Prozent Gesamtprofitabilität genannt. Seine Rolle als Verlust-Geschäft zur Unterstützung der Elektroauto-Verkäufe bei Tesla hat der Supercharger-Bereich also verloren – anfangs war der Strom dort für jedes Model S und Model X lebenslang kostenlos. Wenn Nio so ähnlich plant, könnten die noch zu bauenden Wechsel-Stationen in Europa bald billigeren Ladestellen weichen – oder ein Akku-Tausch ziemlich teuer werden.