Bild: Fluence (Symbolfoto)
Unter Hochdruck arbeitet die Bundesregierung derzeit daran, die Energie-Versorgung für Deutschland sicherzustellen, die durch den absehbaren Wegfall von Gas-Lieferungen aus Russland gefährdet ist. Teil der Notfall-Pläne ist trotz starker grüner Präsenz in der Ampel-Koalition eine vorübergehende Rückkehr zu mehr Kohle-Verstromung, doch zu dem vielleicht größten Schritt in Richtung Energie-Pragmatismus konnte sich die Umwelt-Partei bislang nicht durchringen: längere Laufzeiten für die in Deutschland verbliebenen Kernkraftwerke. Jetzt aber will die Regierung diese Frage doch noch einmal prüfen – Tesla-Chef Elon Musk hat ohnehin eine klare Meinung dazu.
Tesla braucht Gas für deutsche Fabrik
Wenn in der kommenden kalten Jahreszeit zu wenig Gas verfügbar wäre, hätte das nicht nur Auswirkungen auf Strom-Produktion und Beheizung von Wohnraum, sondern auch auf die produzierende Wirtschaft. Tesla zum Beispiel benötigt reichlich Gas unter anderem für die Giga-Pressen seiner Gigafactory in Grünheide bei Berlin. Nach den bisherigen Regeln würden Verbraucher und kritische Infrastrukturen zuerst versorgt, wenn es nicht mehr für alle reicht. Diese eindeutige Priorisierung stellte der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck aber schon in Frage, weil sie nur für kurzfristige Notlagen gedacht gewesen sei.
Auch mit einer möglichen Laufzeit-Verlängerung für Atomkraftwerke hatte sich Habeck schon früh nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine beschäftigt. Zusammen mit dem ebenfalls grün besetzten Umweltministerium kam er zu dem Schluss, dass dem wirtschaftliche, rechtliche und sicherheitstechnische Bedenken entgegenstehen. Auf Twitter wurde am Wochenende allerdings ein Interview mit dem Betreiber eines des gescheuten Kraftwerke von März neu veröffentlicht. Darin sagte ein Sprecher im Prinzip, dass der Weiterbetrieb von Isar 2 kein Problem sei – es fehle nur am politischen Rahmen.
They should keep running
— Elon Musk (@elonmusk) July 18, 2022
Auf diese Aussage wurde am Montag auch Tesla-Chef Elon Musk aufmerksam, der die deutsche Energie-Debatte aus Sorge um seine lokale Elektroauto-Fabrik genau verfolgen dürfte. Er hat ohnehin schon häufiger die Meinung geäußert, dass Kernkraft einen Beitrag zur Umstellung der Welt auf nachhaltige Energie leisten kann. Also sprach er sich auch eindeutig für eine Verlängerung des Betriebs in Deutschland aus: „Sie sollten weiterlaufen“, kommentierte er den TV-Beitrag.
Union-Deal: Atomkraft gegen Tempolimit
Und tatsächlich scheint es dafür eine neue Chance zu geben. Nach der Atom-Analyse von März soll jetzt „eine zweite Stresstest-Berechnung“ zur Sicherheit der Stromversorgung vorgenommen werden, sagte laut einem Bericht des Spiegel am Montag eine Sprecherin von Wirtschaftsminister Habeck. Auf dieser Grundlage mit zusätzlichen Szenarien werde dann sachlich entschieden – „wir rechnen jetzt nochmal“.
Vorher hatte der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn einen Kompromiss zu dieser Frage in Spiel gebracht: Wenn die Grünen längeren Atomkraftwerk-Laufzeiten zustimmen, könne man auch über ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen nachdenken, wie es die Union bislang ablehnt. Das hört sich nach einem Kuhhandel an – könnte aber die für deutsche Verbraucher sowie Industrie-Unternehmen wie Tesla drohende Energie-Lücke an zwei Fronten verkleinern.