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Ohne Lademöglichkeiten nützt ein Elektroauto herzlich wenig – das hat Tesla-CEO Elon Musk früh erkannt und für seine Kunden den Bau eines eigenen Supercharger-Netzes gestartet, das inzwischen mehr als 25.000 Säulen weltweit umfasst. Andere Hersteller aber verlassen sich auf Angebote Dritter – und schon mindestens zweimal war aufgrund schwerer Lade-Probleme von „Horrorfahrten“ in einem neuen Elektroauto die Rede. Jetzt wurde erneut eine solche Schilderung an teslamag.de herangetragen, die vielleicht nicht an Horror heranreicht, aber für die Betroffenen zumindest eine einfache Reise zu einer kleinen Lade-Odyssee machte. Wir geben sie hier leicht bearbeitet wieder – auch weil es dieses Mal keine Anfänger traf, sondern alte (und einen jungen) Elektroauto-Hasen.
Eine kleine Lade-History einer ambitionierten Elektromobilisten-Familie
Die Fahrt über hin und zurück nur rund 360 Kilometer, um die es hier geht, fand am Donnerstag, den 10. Juni 2021, statt. Für eine Wohnungsbesichtigung begab sich die kleine Familie morgens mit einem ihrer drei Elektroautos nach Aachen. Am Steuer seines nagelneuen VW ID.3 saß mit frischem Abitur einer der Söhne, neben ihm die Mutter, die sonst gern ihren BMW i3 fährt, und hinten der Vater, der ebenfalls schon auf eine knappe dreijährige Erfahrung als Elektromobilist zurückblickt – sich dank eines Tesla Model S aber bislang kaum der harten Realität der öffentlichen Ladeinfrastruktur stellen musste. Bei Langstreckenfahrten macht er sich eher darüber Gedanken, ob es bei einem Supercharger-Ladestopp zeitlich noch für einen Kaffee reicht.
Der ID.3 des Sohnes jedenfalls war zur Abfahrt auf 100 Prozent aufgeladen, die Temperaturen waren angenehm, und die Autobahnfahrt bis nach Aachen verlief bequem und problemlos. Nach der Ankunft steuerten wir direkt eine Ladestation im innerstädtischen Bereich an, die tatsächlich frei zugänglich war. Zwar standen in unmittelbarer Nähe kreuz und quer E-Scooter herum und die meisten Ladeplätze waren mit Fahrzeugen eines Carsharing-Dienstes zugeparkt, aber die eine freie Säule hätte uns ja gereicht.
Selbstbewusst zückte der Vater seine ADAC e-Charge Ladekarte, um die verfügbare Ladesäule freizuschalten. Und… nichts. Die Karte wurde nicht akzeptiert. Nächster Versuch: „Einfach Strom Laden“ von Maingau Energie klappt eigentlich auch immer – aber leider nicht in Aachen. Na gut, dann eben PlugSurfing. Ist zwar teuer, aber geht – nur nicht in Aachen! Der noch hoch motivierte Sohn versuchte vergeblich sein Glück mit der erst kürzlich erworbenen RIFD-Karte von EnBW. Aber hier ging wirklich gar nichts.
Bei einem kurzen Blick auf die LadeApp von AirElectric zeigte sich die vorher noch grün gekennzeichnete Ladesäule nun plötzlich rot. „Naja, nicht so schlimm“, beschloss die Familie, „dann laden wir das Fahrzeug eben nach dem Termin.“ Immerhin hatten wir uns vorab grob über die Lademöglichkeiten in Aachen informiert. Doch aus der Umsetzung des neuen Plans wurde nach der Besichtigung die eigentliche Herausforderung des Tages.
ID.3-Navi zeigt Säulen: Alle besetzt
Die nächsten Ladepunkte in etwa 1,5 Kilometern Entfernung waren mit dem Navi im ID.3 recht schnell gefunden. Vor Ort stellten sich aber alle vier als besetzt heraus, mit zwei Plugin-Hybriden, einem VW e-up und einem Tesla Model 3. Wir starteten den nächsten Versuch ein paar Straßen weiter.
Dort befand sich ein Ladeplatz am Rand einer Hausdurchfahrt zwischen Wand, Müllcontainern und Fussgängerweg – sehr wenig einladend. Als der Sohn nach einer Weile die umfänglichen Lade-Anweisungen auf vielen Schildern verstanden und umgesetzt hatte, sollte es eigentlich losgehen. Neugierige Passanten konnten dann allerdings zusehen, wie aus dem Familien-Arsenal an Ladekarten erneut keine akzeptiert wurde. Die Mutter entschied, dass es Zeit sei, Kunde bei dem lokalen Versorger und Betreiber Stawag zu werden, während der Vater bereits zu köcheln begann.
Leider ist selbst der Weg zum Kunden bei den Aachener Stadtwerken voller Hürden. Nach dem Download der Stawag-App und dem Ausfüllen des Formulars dazu stellten wir fest, dass sie nicht jedes Zahlungsmittel akzeptiert. Eine Kreditkarte sollte es schon mindestens sein, außerdem war eine Validierung per E-Mail vorgesehen. So etwas kann man an einer Ladesäule in einer fremden Stadt schon mal machen, aber es funktioniert leider nur bei verlässlicher Mobilfunk-Verbindung. In unserem Fall ließ sich die Säule jedenfalls nicht zur Stromabgabe bewegen. Fast selbstverständlich an diesem Tag änderte auch ein Anruf bei der Hotline nichts daran: Die sympathische männliche Maschinenstimme am anderen Ende fragte den Vater, ob er in Deutsch oder einer anderen europäischen Sprache beraten werden möchte, und legte nach der Antwort „deutsch“ mit der Auskunft auf, dass gerade leider alle Leitungen belegt seien.
Die kleine Lade-Odyssee durch Aachen nach dem kurzem Termin dauerte nun schon gut 1,5 Stunden, und die kleine Familie war zunehmend genervt. Letztlich strandete sie noch ein Stückchen entfernt auf dem Ladeplatz einer Kaufland-Filiale. Zwar stand auch hier wieder ein Plugin-Hybrid an einem der zwei Ladepunkte. Aber der andere war frei, kostenlos und spendete sogar Gleichstrom, sodass wir uns schon nach weiteren 15 Minuten endlich auf den Heimweg machen konnten. Zuhause angekommen sind wir letztlich 2,5 Stunden später als geplant – keine Katastrophe, aber trotzdem eine unnötige Zumutung.
Ganze Elektroauto-Familie enttäuscht
Meinung der Mutter: „Dieser Tag in Aachen hat uns gezeigt, dass die Ladesituation in Deutschland einfach noch nicht gelöst ist. Deutschland ist wohl noch nicht bereit dafür, denn so wird das nichts.“
Meinung des Sohnes: „Ich war total fertig danach und hatte keinen Bock mehr, Auto zu fahren!“
Meinung des Vaters: „Urbanes Laden ist schlimmer, als ich dachte. Mit dem Tesla bin ich nicht unbedingt auf städtische Ladesäulen angewiesen. Ich hätte es wieder raus aus der Stadt geschafft bis zum nächsten Supercharger. Wir sind im Vergleich zu all denen, die mit der E-Mobility jetzt erst beginnen, noch richtige Nerds. Da ist Frust doch programmiert!“